Zufall

[818] Zufall und zufällig wird ein Ereigniß und ein Erfolg genannt, wenn die Ursachen und Zwecke davon nicht ersichtlich sind, vielleicht auch nachher nicht bekannt werden und der ganze Vorgang nicht vorauszusehen und nicht beabsichtigt war. Wenn z.B. der Blitz ein Haus trifft und Menschen darin tödtet, so ist zwar anzunehmen, daß er von geeigneten Umständen besonders angezogen wurde; allein nicht immer läßt sich das auch genauer nachweisen. Mit Redensarten, wie: der Zufall regiert die Welt, und der Behauptung eines blinden Zufalls in den Weltbegebenheiten, wird nur angedeutet, daß gar viel große und geringe Dinge vorgehen, die weder vorauszusehen noch in ihren zu Grunde liegenden Bedingungen zu erklären sind; denn daß irgend etwas ohne Ursachen und Vorbedingungen geschehe, kann die Vernunft nicht zugeben, und einen solchen bloßen oder blinden Zufall gibt es in der Welt nicht. In rechtlichem Sinne wird unter Zufall auch ein Ereigniß verstanden, welches nicht beabsichtigt und nach dem gewöhnlichen Gange der Dinge nicht zu erwarten war, das also über die zu beobachtende Vorsicht hinaus liegt. Die Nachtheile des Zufalls werden in der Regel von Dem getragen, dessen Eigenthum sie treffen, was die Rechtsregel besagt: casum sentit dominus, den Zufall empfindet der Eigenthümer. Wer z.B. fremdes Gut in Verwahrung hat, dasselbe aber durch eine vom Blitz oder sonst unverschuldet ausgebrochene Feuersbrunst verliert, ist zum Ersatz nicht verbunden, sofern nicht dargethan werden kann, daß es leicht zu retten gewesen wäre, und wenn er nicht ausdrückliche Verpflichtungen des [818] halb eingegangen ist. So haben den von Schloßen und Hagel an Gebäuden und Fenstern verursachten Schaden nicht die Abmiether, sondern die Eigenthümer zu tragen. Den zufälligen Schaden aber, welchen ein Thier anrichtet, hat der Eigenthümer desselben zu ersetzen. Ist der zufällige Schade die Folge einer widerrechtlichen Handlung, eines Verzugs, einer Fahrlässigkeit in der Ausführung eines Geschäfts, so trifft er ebenfalls Den, welcher sich jene Handlung oder den Verzug hat zu Schulden kommen lassen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 818-819.
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