[56] Amerika, das große westl. Festland oder die Neue Welt [Karten: Nordamerika I u. II, Südamerika I u. II und Vereinigte Staaten von Amerika I u. II], im O. durch den Atlant. Ozean, im W. durch den Stillen Ozean, im N. vom Nördl. Eismeer begrenzt, hat als äußerste Punkte Kap Murchison auf der Halbinsel Boothia Felix (72° n. B.) im N. und Kap Froward im S. (53° 54' s.B.), bez. Kap Hoorn auf dem Feuerlandarchipel (55° 59' s.B.); Kap Prince of Wales an der Beringstraße (168° westl. v. Gr.) im W. und Kap Branco in Brasilien (34° 50' westl. v. Gr.) im O., in seiner Mitte durch die tiefen Einbuchtungen des Mexik. Golfs und des Karib. Meers in zwei große Kontinente, Nordamerika (s.d.) und Südamerika (s.d.), geschieden, die durch das im Isthmus von Panamá nur 56 km breite Zentralamerika (s.d.; meist zu Nord-A. gerechnet) verbunden werden, und von denen der nördlichere (ohne die arktischen Inseln), etwa 19.813.000, der südlichere 17.744.700, der mittlere (ohne die Antillen) 767.300 qkm umfaßt.
Zu A. gehören zahlreiche, meist in Gruppen vereinigte Inseln. Letztere sind die Polarinseln (3.540.000 qkm), deren größte Grönland ist; die Antillen oder Westindien (237.600 qkm) die geolog. Verbindung zwischen Nord- und Süd-A.; ein Archipel um die Südspitze des Festlandes (Feuerlandarchipel, Patagonische und Falklandinseln), und der Archipel der Nordwestküste, von Vancouver bis zu den Alëuten.
In beiden Hälften im W. gewaltige Kettengebirge, im O. weniger hohes Bergland und dazwischen ausgedehnte Tiefländer. In Süd-A. im W. die Kordilleren oder Anden zuerst in 1, dann in 2, dann in 3 Zügen, in den Antillen sich fortsetzend und in Nord-A. als Felsengebirge wieder erscheinend. Höchste Berge in den Kordilleren Süd-A.s der Aconcagua (ca. 7000 m), in Nord-A. der Mount MacKinley (6238 m); die zentralamerik. Berge bilden ein besonderes System. Die östl. Gebirge sind verschieden gebaut, in Nord-A. Kettengebirge (Appalachen), in Süd-A. Hochplateaus (Bergländer von Guayana und von Brasilien). (s. ⇒ Beilage zum Artikel Berg.) In Nord-A. sind 55 Proz. (arktische Ebene und Mississippitiefland), in Süd-A. 66 Proz. (Llanos des Orinoco, Selvas des Amazonenstroms und Pampas des La Plata) Tiefebenen. Die großen Ebenen und die Lage des Hochgebirges im W. sind der Entwicklung großer Stromsysteme günstig, so im N. Jukon, Mackenzie, Sankt Lorenzstrom und Mississippi, im S. La Plata, Amazonenstrom und Orinoco. Nord-A. ist außerdem reich an Seen. In der Richtung von SO. Nach NW. enthält die nördl. Verflachung den Winnipeg-, Athapasca-, Großen Sklaven- und Großen Bärensee u.a., teils mit dem Stromgebiet des Mackenzie, teils mit der Hudsonbai in Verbindung stehend. Im S. der Hudsonbai die großen, unter sich verbundenen Kanadischen Seen, der Obere-, der Michigan-, Huron-, Erie- und Ontariosee, deren Abfluß der gewaltige Sankt Lorenzstrom ist. Einige der Haupttypen der Fauna A.s veranschaulicht die beistehende Tafel: Amerikanische Tierwelt.
Die Einwohner A.s sind teils Ureinwohner: die eine eigene Menschenrasse (Amerik. Rasse) bildenden Indianer (s.d.), daneben verschwindend die Eskimo, teils Ankömmlinge: Europäer, Neger, Chinesen u.a., sowie Mischlinge. Die gesamte Bevölkerung A.s wird auf 144 Mill. geschätzt, davon 95 Mill. Weiße, 12 Mill. Neger und 37 Mill. Indianer und Mischlinge. [Tafeln: Menschenrassen I, 13-15 und II, 21 sowie Ethnographie I, 9, 10 und 16; II, 4-6 und 8.]
Flächeninhalt, Bevölkerungszahl und Handel der polit. Gebiete s. Beilagen: ⇒ Nordamerika und ⇒ Südamerika; Eisenbahnen s. Beilage: ⇒ Eisenbahnen.
Geschichtliches. Schon um 1000 n. Chr. hatten Normannen das nordamerik. Festland erreicht. Jedoch geriet dies später in Vergessenheit, und das Verdienst, den amerik. Kontinent dem modernen Europa zuerst (Okt. 1492, bez. Aug. 1498) erschlossen zu haben, gebührt dem Genuesen Christoph Kolumbus; doch ward das Land nicht nach ihm, sondern von Waltzemüller nach dem ersten Beschreiber desselben, Amerigo Vespucci, benannt. Durch Spanier, Portugiesen und Engländer entstanden die großen, in drückender Abhängigkeit gehaltenen Kolonialstaaten dieser Mächte; indem sie an europ. Bildung teilnahmen und innerlich erstarkten, wurde in gleichem Maße das Streben nach Unabhängigkeit genährt. So gelang es 1783 dem größten Teil der engl. Kolonien in Nord-A., sich als selbständige Freistaaten vom engl. Gouvernement zu befreien. 1810 begann der Freiheitskampf in den span. Besitzungen, und 1822 ward Brasilien selbständig. Sämtliche selbständigen amerik. Staaten sind Republiken. Weiteres über Entdeckungs- und Kolonialgeschichte s. Beilagen: ⇒ Entdeckungsreisen und ⇒ Kolonien. – Vgl. Ruge (Entdeckungsgeschichte, 1892), Sievers (und Deckert; 2. Aufl., 2 Bde., 1903) u.a.
Brockhaus-1911: Russisch-Amerika · Vereinigte Staaten von Amerika · Amerika-Inseln · Hamburg Amerika Linie
DamenConvLex-1834: Amerika (Geschichte) · Amerika (Geographie) · Amerika (Frauen)
Herder-1854: Central- oder Centro-Amerika · Amerika
Meyers-1905: Russisch-Amerika · Hamburg-Amerika-Linie · Amerika
Pierer-1857: Central-Amerika [1] · Central-Amerika [2] · Amerika [3] · Amerika [1] · Amerika [2]