Armenien

Europäisches Russland. I. (Karten) 1. St. Petersburg 2. Riga 3. Moskau 4. Warschau 5. Odessa 6. Sewastopol
Europäisches Russland. I. (Karten) 1. St. Petersburg 2. Riga 3. Moskau 4. Warschau 5. Odessa 6. Sewastopol

[98] Armenĭen, das Hochland zwischen Kaspischem und Schwarzem Meer [Karte: Europäisches Rußland I], an den Quellen des Euphrat, Tigris, Kur und Aras, im heutigen engern Sinne (einschließlich Kurdistan) 290.000 qkm, ca. 4.761.400 E.; polit. zu Rußland und der Türkei gehörend; Plateaus 800-2000 m hoch, zahlreiche Bergzüge und Gipfel von 3-4000 m (Großer Ararat 5156 m), viele Seen (Wan, Urmi, Goktscha). Die Bewohner teils Armenier (etwa 1,6 Mill.), teils Türken (1,8 Mill.), Perser, Russen, Turkmenen und Kurden. Die Armenier, ein Volk indogerman. Sprache (s. Armenische Sprache), gehören einer eigenen christl. Gemeinschaft (s. Armenische Kirche) an. Viele haben sich auswärts niedergelassen.

Die Geschichte des Reichs A. beginnt mit König Tigranes I. (Diran), der sich von der Herrschaft der Meder (um 560 v. Chr.) frei gemacht haben soll; der letzte König aus seiner Dynastie fiel 328 v. Chr. gegen Alexander d. Gr., später wurde das Land zu dem Reich der Seleukiden geschlagen, die es durch Statthalter regieren ließen. Zwei davon, Zariadres und Artaxias, maßten sich 190 v. Chr. den Königstitel an und bildeten zwei Reiche, Groß-A. und Klein-A. In Groß-A., dem größern östl. vom Euphrat [98] gelegenen Teil, regierten die Nachkommen des Artaxias, später die parthischen Arsaciden, unter ihnen Tigranes d. Gr. (s.d.), bis 63 v. Chr. Trajan machte das Land 114 n. Chr. zur röm. Provinz, Hadrian gab es 117 wieder frei; 232 gelangte A. unter die Herrschaft der pers. Sassaniden, machte sich aber mit röm. Hilfe bald wieder frei und trat unter Tiridates zum Christentum über. 428 wurde der letzte Arsacidenkönig von A. gestürzt und das Land von pers. Statthaltern regiert bis zum Sturz des Sassanidenreichs. Dann folgten hartnäckige Kämpfe zwischen den Byzantinern und den arab. Kalifen, bis der Armenier Aschot I. 885 wieder eine selbständige Herrschaft begründete, die Dynastie der Bagratiden oder Bagraduiner. 1080 eroberten Griechen den einen, Türken und Kurden den andern Teil; 1242 nahmen die Mongolen, 1472 die Perser Groß-A. ein, dessen westl. Teil durch Selim II. 1522 an die Türken kam; von dem östl. nahmen 1828 und 1878 die Russen die größere Hälfte. Seit 1894 unternahmen die Armenier wiederholt blutige Aufstände gegen die türk. Herrschaft. Klein-A., unter der Dynastie des Zariadres nur von 190 bis 170 v. Chr., kam an Tigranes d. Gr., dann an die Römer und teilte die Schicksale des Byzant. Reichs, bis sich um 1080 Rhupen aus dem Geschlecht der Bagratiden selbständig machte, dessen Reich während der Kreuzzüge einen nicht unwichtigen christl. Machtfaktor bildete. Sultan Schaban von Ägypten besiegte 1375 den letzten christl. König Leo VI.; 1403 kam das Land an die Turkmenen, 1508 an die Perser, bald darauf an die Osmanen. – Vgl. Issaverdens, »Armenia and the Armenians« (2 Bde., 1874- 75); Lynch, »Armenia« (2 Bde., 1901); Rohrbach (Reisewerk, 1903); Gregor, »History of Armenia« (1897).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 98-99.
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