Ägypten

Afrika. I. (Karte)
Afrika. I. (Karte)
Menschenrassen. II. 21. Eskimo. 22. Samojedin. 23. Chinesin. 24. Japanerin. 25. Siamesin. 26. Birmanin. 27. Lappin. 28. Tatarin. 29. Ainufrau, tätowiert. 30. Wedda. 31. Tamil. 32. Singhalesin. 33. Perserin. 34. Araberin. 35. Ägypterin. 36. Maurin. 37. Romanin. 38. Slawin. 39. Germanin, dunkel. 40. Germanin, blond.
Menschenrassen. II. 21. Eskimo. 22. Samojedin. 23. Chinesin. 24. Japanerin. 25. Siamesin. 26. Birmanin. 27. Lappin. 28. Tatarin. 29. Ainufrau, tätowiert. 30. ...
38. Ägypten.
38. Ägypten.
Flaggen.
Flaggen.
Die alte Welt. I. (Karten) 1. Erdkarte nach Herodot (450 v. Chr.) 2. Erdkarte nach Claudius Ptolemäus (ca. 160 n. Chr.)
Die alte Welt. I. (Karten) 1. Erdkarte nach Herodot (450 v. Chr.) 2. Erdkarte nach Claudius Ptolemäus (ca. 160 n. Chr.)

[24] Ägypten, kopt. Chemi oder Keme, hebr. Misraïm, arab. Masr, der nordöstl. Teil Afrikas, dessen eigentlich kulturfähiges Gebiet (33.607 qkm) das bis 22 km breite Niltal (nebst dem Delta) bildet, das durch kahle Felsengebirge im O. von den Küsten des Roten Meers, im W. von dem Plateau der östl. Sahara oder der Libyschen Wüste gesondert wird, während es mit Asien durch die Landenge von Sues zusammenhängt [Karte: Afrika I]. Ä. (ohne die Sinaihalbinsel [59.000 qkm, 33.762 E.]), 642.000 (994.300) qkm, in Unter- und Ober-Ä. zerfallend, ist durch den Nil eins der fruchtbarsten Länder der Erde mit sehr regelmäßigem Klima. Die Bevölkerung, (1897) ca. 9.717.000, bekennt sich mit Ausnahme von ca. 608.400 Kopten, ca. 121.700 andern Christen (Griechen, Syrern, Armeniern, europ. Christen aller Stämme) ca. 25.200 Juden etc. zum Islam. Die Fellah (Bauern) sind die Abkömmlinge der alten Ägypter [Tafel: Menschenrassen, 35]; in den Beduinen [Tafel: Menschenrassen, 34] erscheint die arab. Nasse ziemlich rein. Handel, s. Beilage: Afrika. Länge der Eisenbahnen 5204, der Telegraphenlinien 4083 km.

Verfassung und Verwaltung. Ä. ist gegenwärtig ein in der Familie des Mehemed Ali in direkter Linie erbliches, der Pforte tributäres Vizekönigreich unter türk. Oberhoheit; der Statthalter führt den Titel Khedive. Das Verhältnis zwischen Ä. und der Pforte ist zuletzt durch den Ferman vom 8. Juni 1873 und den Berat vom 25. Juli 1879 geregelt worden. Doch bedingt die engl. Okkupation (seit 1882) erhebliche Machtbeschränkungen, bes. in den Finanzen. Landeshauptstadt Kairo. Einteilung (einschließlich Sinai) in 1 Generalgouvernement, 5 Gouvernements (Mohafizate) und 14 Provinzen (Mudirieh) und die Stadt Suakin als Außenbesitzung. Dazu kommt Thasos. Budget 1904: 11,5 Mill. ägypt. Pfd. Allgemeine Wehrpflicht (außer für Geistliche, Lehrer, Studenten) je 5 Jahre im stehenden Heer und in der Polizei oder Reserve; Loskauf gestattet; Friedensstärke bis 18.000 Mann; engl. Besatzungsarmee 5628 Köpfe. Den Oberbefehl über das Heer führt ein engl. General als Sirdar. Wappen zeigt Abb. Flagge Tafel: Flaggen.

Entdeckungsgeschichte s. Beilage: Entdeckungsreisen.

Geschichte. Der erste geschichtliche König von Ä. war Menes (3180 v. Chr.) der als Residenz Memphis begründete. Bereits zur Zeit der 4. Dynastie, welcher die Könige Cheops (Chufu), Chephren (Chafré) und Mencheres (Mykerinos), die Erbauer der Pyramiden von Giseh, angehörten, hatte die altägypt. Zivilisation ihre vollkommene Reife erlangt. Nachdem sich die 11. Dynastie in Ober-Ä. von dem rasch aufblühenden Theben aus erhoben hatte, gelangte mit der 12. Dynastie, die ganz Ä. beherrschte, das älteste ägypt. Reich zu seinem Gipfelpunkt an Macht und Wohlstand (bes. unter Amenemhét III. um 1850 v. Chr., berühmt durch Anlage des Sees Möris und des Labyrinths), von dem es jedoch unter der 15. und 16. Dynastie (den unter dem Namen Hyksos bekannten semit. Herrschern) wieder herabsank. Erst nach langen Kämpfen im 16. Jahrh. v. Chr. erhob sich das Reich unter den großen Pharaonen der 17. und 18. Dynastie zu neuer Macht und Blüte. Die ruhmvollste Dynastie aber, auch nach außen, war die 19., welcher Sethos I. und Rhamses II. (1348-1281; beide zusammengefaßt von den Griechen unter dem Namen Sesostris) angehörten. Unter deren Nachfolger Merenptah erfolgte der Auszug der Israeliten. Die 20. Dynastie besaß an Rhamses III. noch einmal einen ausgezeichneten König; da aber seine Nachfolger immer mehr in Abhängigkeit von der Priesteraristokratie verfielen, so sank der Glanz von Theben, und Memphis wurde wieder Residenz. Sesonchis I., der 1. König der 22 Dynastie und Eroberer Palästinas und Jerusalems, hielt den Verfall des Reichs nicht auf, das am Schluß der 24. Dynastie in die Hände des äthiop. Eroberers Sabakòn fiel. Dieser bildet mit seinen Nachfolgern Sebichos (Schebek) und Tarakos (der Tirhaka der Bibel) die 25. Dynastie. Letzterer unterlag 672 v. Chr. den Assyrern, welche 20 Statthalter (die Dodekarchie Herodots) einsetzten. Der Sohn des mächtigsten derselben, des Necho von Memphis und Sais, Psammetich I., befreite Ä. von dem assyr. Joch; unter ihm (663-610) wie unter den folgenden Herrschern dieser 26. Dynastie gelangte das Reich zu neuem Wohlstand. Doch 525 v. Chr. von Kambyses erobert, blieb Ä. bis 405 pers. Provinz, erhielt dann noch einmal seine Unabhängigkeit, bis es 340 v. Chr. zum zweitenmal von den Persern unter Ochus erobert[24] ward. 332 fiel es in die Hände Alexanders d. Gr. und blieb mazedon. Provinz, bis Ptolemäus Lagi 305 den Königstitel annahm. Unter den Ptolemäern erzeugte die Verschmelzung des altägypt. mit dem griech. Wesen einen nochmaligen Aufschwung; doch führte die Sittenverderbnis endlich durch Kleopatra zum Untergang des Staates. Nach der Schlacht bei Actium (31 v. Chr.) wurde Ä. röm. Provinz [Karte: Die Alte Welt I].

Bei der Teilung des Röm. Reichs 395 fiel Ä. dem Morgenländ. Reich zu; 638 ward es von Amru, dem Feldherrn Omars, erobert und dem Reich der Kalifen einverleibt. 868 machte sich Achmed, der Statthalter Ä.s, von den Kalifen unabhängig und gründete die Dynastie der Tuluniden. Nachdem 905 der Kalif von Bagdad die Herrschaft wiedererlangt hatte, gründete 934 Mohammed der Ikschide eine neue Dynastie, die 969 durch den Kalifen Al Muizzli Allah, aus dem Geschlecht der Fatimiden, gestürzt wurde. Den letzten Fatimiden, Addad, ermordete 1171 der Kurde Saladin und gründete die Dynastie der Ejubiden, unter denen das Land an die Mamelucken als Lehen verteilt ward. Die letztern rissen 1250 die Herrschaft an sich, die von ihnen gewählten Sultane führten durch Mord und Gewalttaten die innere Zerrüttung herbei. 1517 eroberte der Osmanensultan Selim I. Ä. und machte es zur türk. Provinz, die er durch 24 Mameluckenbeis verwalten ließ. 1798 wurde Ä. durch den franz. Konsul Bonaparte erobert, nach Abzug der Franzosen (1801) kam es wieder an die Pforte, welche 1806 Mehemed Ali zum Statthalter von Ä. ernannte. Er vernichtete 1811 die Mamelucken, machte sich zum unumschränkten Herrn des Landes, unterwarf 1820-22 Nubien, Sennar und Kordofan und entriß der Pforte 1831-32 Syrien, als dessen Statthalter er im Frieden von Kutahia 4. Mai 1833 bestätigt ward. Nach Wiederausbruch des Kampfes siegten die Ägypter bei Nisib (24. Juni 1839) über die Türken; doch traten die europ. Großmächte durch den Quadrupelvertrag vom 15. Juli 1840 den Eroberungsplänen des Pascha entgegen, der sich darauf dem Sultan wieder unterwarf. Durch den Vertrag vom 13. Febr. 1841 ward das Verhältnis des Lehustaates Ä. zur Pforte neu geregelt. Ibrahim Pascha, Mehemed Alis Adoptivsohn und Mitregent, im Juli 1848 als Nachfolger bestätigt, starb schon 10. Nov. 1848, und Abbas Pascha, ein Enkel Mehemed Alis (gest. 2. Aug. 1849), trat (Jan. 1849) die Regierung an. Ihm folgte 13. Juli 1845 sein Oheim Said Pascha und diesem 18. Jan. 1863 Ibrahims Sohn Ismail. Dieser betrieb eifrig die Vollendung des Sueskanals (1869), erlangte 1866 von der Pforte eine Abänderung der Thronfolgeordnung (direkte Erbfolge), 1867 den Titel Khedive (Vizekönig) und andere Privilegien, die durch Ferman vom 8. Juni 1873 endgültig bestätigt wurden. Seine Eroberungen (1874 Darfur, 1875 Harrar) vergrößerten das Reich nach S., trugen aber, wie bes. auch der unglückliche Feldzug gegen Abessinien (1875-77), zur völligen Zerrüttung der Finanzen bei. Daher wurde Ismail 1879 auf Betrieb der Mächte von der Pforte ab- und sein Sohn Tewfik als Khedive eingesetzt. Eine engl.-franz. Kommission überwachte die Finanzen. Aber 1882 erregte die Nationalpartei unter dem Kriegsminister Arabi Pascha gegen die Fremden einen Aufstand, in welchem Alexandria 11. bis 13. Juli von der engl. Flotte unter Seymour bombardiert wurde. Arabi unterlag 13. Sept. 1882 bei Tel el-Kebir den Engländern unter Wolseley. Während diese einen Teil Ä.s besetzt hielten, erhob sich im Sudan unter dem Mahdi (s.d.) ein Aufstand. Derselbe vernichtete ein ägypt. Heer bei El-Obeid (3. bis 5. Nov. 1883) und eroberte das von Gordon verteidigte Chartum 26. Jan. 1885. Die Engländer überließen ihm darauf den Sudan, behielten aber Ä. besetzt. Auch unter dem Khedive Abbas II., der 7. Jan. 1892 seinem Vater Tewfik folgte, übten sie den größten Einfluß auf die Regierung. 1896 hielten sie den Zeitpunkt für gekommen, die sudanes. Provinzen wiederzugewinnen. Ein engl.-ägypt. Heer unter Kitchener drang zunächst bis Dongola vor, 1897 wurde Berber besetzt, 1898 Omderman eingenommen. Seitdem nahm das Land unter engl. Verwaltung einen stetigen Aufschwung.

Literatur. Vgl. Virchow (1888), Th. Neumann (1893), »Dictionnaire géographique de l'Égypte« (1899), Blanckenhorn (1901), Mardon (engl., 1902), Grünau (1903). Über das alte Ä. vgl. die durch die franz. Expedition veranlaßte »Description de l'Egypte« (neue Ausg., 26 Bde., 1821-30), die Monumentenwerke von Champollion (4 Bde., 1835-45), Lepsius (12 Bde., 1849-59), Mariette (1856 und 1872), Brugsch (1862-63), sowie Brugsch, »Die Ägyptologie« (1889 fg.); alte Geschichte von Bunsen (5 Bde., 1845-57), Dümichen (1878), Wiedemann (1880-84), Erman (1885-87), Budge (engl., 8 Bde., 1902); neue Geschichte von Weil (1860-62), Poole (Lond. 1901); neueste Zeit: Borelli (Par. 1895), Resener (1896), Bréhier (Par. 1901), Dicey (Lond. 1902).

Quelle:
Brockhaus' Kleines Konversations-Lexikon, fünfte Auflage, Band 1. Leipzig 1911., S. 24-25.
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