[65] Adonis (Mythologie). Nach griechischen Mythen ein Sohn des Kinyras und der Myrrha. Fliehend vor dem Zorn ihres Vaters, barg sich Myrrha in einen Hain, dort standen Nymphen ihr liebend bei, als sie das Kind gebar, und erzogen dann den götterschönen Knaben. Als er zum Jüngling herangeblüht war, erblickte ihn auf der Jagd Aphrodite, und fühlte ihr ganzes Herz in Liebe zu ihm bewegt. Sie verließ die strahlenden Hallen des Olymp, und[65] folgte dem geliebten Jäger auf allen Spuren nach, bis er sie fand und sah, und wieder liebte. Doch war die beglückteste und beglückende Liebe nicht im Stande, ihn ganz seiner Leidenschaft für die Jagd zu entfremden, und oft mußte die holde Cypris für sein Leben zittern. Adonis hörte nicht auf ihre zärtlichen Warnungen, und einst verwundete ihn ein Eber tödlich. Von banger Ahnung getrieben, kommt die Göttin herbei, und findet den Liebling im Blute; ihre Macht ist nicht im Stande, ihm das Leben zu fristen, und Zeus hört ihr liebendes Flehen nicht. Nur das gewährt er ihr, daß Adonis sechs Monate im Olymp, sechs aber im Hades zubringen dürfe. Ueber dem Grabe des Adonis weint die Göttin, und Anemonen erblühen aus ihren Thränen, weiße Rosen aber, die da blühten, wo Adonis verblutete, verwandelt der Wink der trauernden Göttin in rothe. So sind die Anemonen und die rothen Rosen entstanden. Die Feste, welche in Griechenland zum Andenken des Adonis gefeiert wurden, hießen Adonien; Wehklagen erschallten durch ganze Länder; es war ein großes Trauerfest mit mannichfaltigen Gebräuchen und Mysterien, das sich aber in Fröhlichkeit endigte. Aehnliche, diesen verwandte Mysterien und Feste waren durch den ganzen Orient verzweigt; es waren Naturfeste voll tiefer astronomischer Bedeutung, von den Priestern und Priesterinnen wohl erkannt und begangen, und in lieblicher Hülle der Sage wurde dem kindlichen Menschengeschlechte menschlich das Uebersinnliche nahe gerückt.
ch
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