[132] Alemannen (Geschichte), (Alemannien). Die früheste deutsche Geschichte, welche nur aus verworrenen römischen Quellen fließt, führt eine sehr große Menge Völkernamen an, die für die Geschichtsforscher stets ein Buch mit sieben Siegeln waren, und an welchem sie vergebens ihren Scharfsinn und ihre Hypothesensucht geübt haben. Theils sind es Stämmenamen, theils Völkernamen, theils Collectiv- (Allgemein-) namen; so daß verschiedene Völker einen Namen, und ein Volk verschiedene Namen führte. Ost glaubt man daher ein Volk verschwinden und ein anderes entstehen zu sehen, und am Ende sind es nur die Namen, die gewechselt worden sind. Alemannen scheint ursprünglich nur ein Collectivname gewesen zu sein, so wie »Deutsche« es jetzt noch ist, und wie wir unter dem letztern Oestreicher, Preußen, Mecklenburger, Baiern etc. verstehen, so ist unter Alemannen (allerlei Männer) eine Menge Völkerschaften, wahrscheinlich suevischen Stammes verstanden worden. Bestimmtes läßt sich aus Mangel an Quellen nicht darüber angeben. Unter der Regierung des römischen Kaisers Caracalla traten sie zuerst in der Geschichte und zwar als ein sehr kriegerisches Volk auf, das vortreffliche Reiterei hatte. Der genannte Kaiser hielt sich unter ihnen auf und entzweite sich mit ihnen, nachdem er lange im besten Vernehmen mit ihnen gestanden. Ihre Gaue, denen Herzoge (nach römischem Ausdrucke, Könige) vorstanden, hatten ihre eignen Verfassungen, und waren ganz von einander unabhängig; nur im Kriege hatten sie einen gemeinschaftlichen Anführer. Später wohnten sie vom Rheine bis zur Donau, und machten den Römern viel zu schaffen, indem sie häufige und folgreiche Einfälle in Gallien thaten. Die blutigen Kämpfe der römischen Kaiser mit den tapferen Alemannen dauerten unaufhörlich fort, bis zur allgemeinen Völkerwanderung, wo sie Gallien mit überschwemmten, ihre alten Wohnsitze aber nicht[132] aufgaben. In der Mitte des 5. Jahrhunderts verbreiteten sie sich über Helvetien bis an den Jura und Genfersee, wohin sie überall vaterländische Sprache und Sitte führten. Später kamen sie unter die Herrschaft der Franken, und im 6. Jahrhundert entstand das Herzogthum Alemanien, von eignen Herzogen regiert. Wie viel Völker zu dem großen alemanischen Völkerverein gehört haben, läßt sich nicht angeben, aber sehr groß muß er gewesen sein, da der Name Alemannen noch jetzt seine große Auszeichnung und Ueberlegenheit durch die Nachbarsprachen beweist, welche alle Völker Deutschlands darunter begriffen und noch begreifen, während er bei uns selbst untergegangen ist. Das Herzogthum Alemanien war von großer Ausdehnung, die Grenzen bildeten im Süden die Alpen, im Westen der Jura und die Vogesen, im Osten der in die Donau mündende Lech, im Norden die in den Rhein mündende Murg und die Flußscheiden des Neckar und der Donau. Die Karolinger unterdrückten die herzogliche Würde, und das Land wurde von Kammerboten verwaltet. Im 10. Jahrhundert tauchten die Herzoge von Alemanien wieder auf, und erkannten den deutschen König als Oberhaupt an. Bis in das 11. Jahrhundert blieb es ungetheilt, dann kam es durch Heirath an Friedrich von Staufen, den Stifter des großen Kaiserhauses, der es mit den Zähringern theilen mußte, so daß den Hohenstaufen nur Schwaben als Erbherzogthum blieb, während jene die großen Reichsvogteien in Helvetien und Burgund bekamen. Von dieser Zeit an (1096) verschwindet der Name Alcmanien und der von Schwaben tritt an seine Stelle.
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