[157] Florian, Jean Pierre Claris de, der Liebling und entfernte Verwandte Voltaire's, verdankt einen großen Theil seines Schriftstellerruhmes der Vorliebe mit welcher der Greis von Ferney[157] die Studien des geistvollen Jünglings leitete. Er ward am 6. März 1755 auf dem Schlosse Florian in den Nieder-Cevennen geboren und starb den 13. September 1794 zu Seaux, nachdem er kurz vorher erst, nach Robespierre's Sturze, dem Gefängnisse, das ihn für die Guillotine bewahrte, durch die Sorge seiner Freunde entrissen worden war, an den Folgen der Einkerkerung und der ausgestandenen Todesangst. Sein reiches, schönes Leben ist ein engverbundener Cyclus von Anerkennungen seines Talents und dem Ringen nach neuen Lorbeern. Als Page des Herzogs von Penthièvre folgte er diesem nach Paris, wo er zuerst auf einer Privatbühne seine kleinen Theaterstücke, in denen er selbst die Rolle des Harlequin spielte, aufführen ließ. Das zarte Gemisch von Heiterkeit und Rührung, welches diese Lustspiele, vorzüglich seinen Harlequin en ménage, erregen, herrscht auch in seinen spätern Werken vor, und bald gewann er zwei von der Akademie für Dichter-werke ausgesetzte Preise. 1788 ward er zu ihrem Mitgliede erwählt. Seiner lieblichen Dichtungen sind viele, und man übersetzte sie in die meisten europäischen Sprachen. Am gekanntesten ist gewiß sein Don Quixotte, den er dem Cervantes nachbildete. Seine Mutter, Gilette de Salque, eine geborene Castilianerin, flößte ihm bereits frühzeitig die Vorliebe für Spaniens Poesie und Geschichte, die er auch im Gonsalve de Cordova so schön beurkundet, ein. Die reizenden Novellen, unter ihnen vorzüglich Selico, sind des tiefsten Eindruckes auf jedes fühlende Menschenherz gewiß, die Schäferromane Galathée und Estelle stehen ihnen um nichts nach und Numa Pompilius lernen schon Anfänger der französischen Sprache kennen und lieben. Liebenswerth selbst als Mensch, wie ausgezeichnet als Dichter, war Florian, den Voltaire nur »mon Florianet« nannte. Vielfach sind die schönen Züge von Uneigennützigkeit und stillem Wohlthun, die man von ihm erzählt und dennoch rissen auch ihn die blutigen Hände der Schreckensmänner während der Revolution aus dem Treiben der Wissenschaften[158] und der Ruhe des Privatlebens, bloß weil er das Unglück hatte ein Adeliger zu sein. Dem Schaffot zwar glücklich entgangen, erhob sich doch sein von den ausgestandenen Leiden niedergebeugter Geist nicht mehr. Florian, der nur die zarte Liebe, die Reize der Natur und Tugend malte, ertrug nicht die entsetzliche Nähe des Henkertodes, er starb aber seine lieblichen Schöpfungen zeugen noch immer von dem freundlichen Genius, der sie hervorrief.