Mehl

[168] Mehl, der seine und nahrhafte Staub, welcher nach vorangegangener Zermalmung der Körner, durch die Absonderung ihrer häutigen und faserigen Theile gewonnen wird. Je sorgsamer dieß durch Sieben oder Beuteln geschieht, um so nahrhafter wird das dadurch gewonnene Mehl. Auf den Anbau und Verbrauch der[168] Mehlfrüchte gründet sich alles gesellige und gesittete Leben, denn der Feldbau bewirkt die Entwickelung der Geistesanlagen der Menschen, sowohl durch Befestigung ihrer Wohnsitze, als auch durch deren Anhäufung, und die Erfahrung hat gelehrt, daß die Erde durch Anbau mehliger Körner mehr Nahrungsstoff erzeugt, als durch Viehzucht, Jagd, Fischerei etc. gewonnen wird. Die mehligen Körner werden größtentheils von Gräsern gewonnen, deren Vaterland die Ebenen von Hochasien sind, die Halmfrüchte aber, auf deren Anbau die Kultur der Europäer begründet ist, sind über Persien und den Pontus zu uns gekommen. In den ältesten Zeiten pflegte man die Körner in eigenen Mörsern zu zerstoßen, und es war dieß die härteste und gefürchtetste Arbeit der Sklaven; heut zu Tage erlangen wir das Mehl durch Dampf-, Wasser- und Windmühlen in 20 verschiedenen Sorten, von welchen das Stärkemehl, durch Weiße, Zartheit und ernährende Kraft das vorzüglichste ist. Als Handelsartikel sendet Rußland viel Roggen- und Weizenmehl nach Lübeck, Dänemark, Rostock, Drontheim etc., Triest und Fiume viele Schiffsladungen nach Italien, die kleine Stadt Brisau in Mähren ist berühmt wegen ihres guten Weizenmehles, England verschifft Mehl nach Hamburg, Spanien und Portugal, auch Nordamerika treibt einen ausgebreiteten Handel mit Mehl, und das Weizenmehl aus Pensylvanien gilt für das schönste. Der Güte nach unterscheidet man beim Roggen: das beim Mahlen zuerst gewonnene als das feinste, nach dem zweiten Gange das Mittelmehl, und das vom letzten, das schwarze Mehl; beim Weizen: Semmel- und Aftermehl. Ungebeuteltes M. heißt Schrot. Daß auch von Kartoffeln, Erbsen, Linsen, Bohnen etc. Mehl bereitet wird, ist bekannt.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 168-169.
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