[293] Mosaik, musivische Arbeit, die Kunst durch farbige Steine Glascompositionen und selbst Holzstücke, Gemälde in unvergänglicher Frische darzustellen. Man legt zu diesem Endzwecke vorerst einen Grund von gewöhnlichen Steinplatten, die mit Eisen eingeklammert und durch eine starke Einfassung gleichsam gerahmt werden. Auf diese, einem flachen Kasten ähnliche Fläche, kommt ein Kitt von Mörtel, Stuck und Mastix mit Marmor vermischt, und in diesen setzt der Arbeitende die, am liebsten rautenförmigen, bunten Steine nach der Zeichnung und den Farben des zu kopirenden Gegenstandes, ein. In Italien, wo diese schöne Kunst vorzüglich getrieben wird, unterscheiden sich die römischen Mosaiken von denen der Florentiner dadurch, daß Erstere aus ganz kleinen Stiften zusammengesetzt erscheinen, wodurch jede Darstellung dem Künstler möglich wird, die Florentiner hingegen nur größere Steine zu ihren Arbeiten verwenden; eine Weise, die natürlich zu vielen Beschränkungen führt. Die Erfindung der Mosaik ist sehr alt, und stammt wahrscheinlich aus dem Morgenlande. Von den Griechen, die sie sehr vervollkommnet hatten, kam die Mosaik zu den Römern, und wie allgemein beliebt sie bei diesen war, beweisen die der vulkanischen Asche wieder abgewonnenen Städte Herculanum und Pompeji, in denen fast jeder Hofraum ein Pflaster von Mosaik[293] enthält. Unter den Meisterwerken römischer Mosaik verweisen wir hier besonders auf das unter der Bezeichnung, » die Taube des Plinius« bekannte Gemälde, das bei Tivoli in der Villa Hadrians aufgefunden wurde, und sich jetzt im kapitolinischen Museum befindet. Noch bedeutender, als historisches Gemälde ist eine Abbildung von Alexanders Zuge nach Aegypten, das zu Präneste entdeckt wurde, und der Palast Barberini zu Rom bewahrt eine Entführung der Europa. Mit den schönen Künsten überhaupt rettete sich die Mosaik im 5. Jahrhunderte aus dem durch blutige Kriege verwüsteten Italien nach Byzanz, und entfaltete sich dort in neuer Pracht. Nicht zufrieden, die von der Natur im Marmor, Achat und Jaspisgestein gegebenen Farben zu benutzen, färbte man nun köstliche Glaspasten, und setzte aus solchen jene bewundernswürdigen Bildwerke zusammen, die unter andern die Kuppel der alten Sophienkirche schmückten. Erdbeben und rohe Eroberer vernichteten längst jede Spur davon, aber von den zahlreichen, musivischen Wandmalereien, die jenen Haupttempel der Christenheit auszeichneten, erhielten sich bis auf diese Stunde, die Vorstellungen der sechsgeflügelten Seraphim: Gabriel, Michael, Raphael und Israel, die auch den Verehrern Muhameds heilig sind. Den Fußboden dieser prachtvollen Kirche bildeten Wellen von farbigem Marmor, die wie 4 Ströme zu den 4 Vorhallen hinauswallten. Ueberhaupt blieb für die Fußböden die Marmormosaik immer am anwendbarsten, obgleich das Mittelalter die verglasten Stoffe zu musivischen Gemälden vorzog. Von Byzanz wanderten im 15. Jahrhundert die Künste wiederum nach dem beruhigten Westen, und außer der Vitals-Kirche zu Ravenna, der des heiligen Marcus zu Venedig, und der alten Paulikirche zu Rom, sah man auch in den Krypten der Basilika von St. Denis dergleichen Mosaiken. Sie sind fast immer auf Goldgrund ausgeführt und mit einer glasartigen Masse überzogen. Aehnliche Malereien verzieren das Grabmal der bösen Fredegonde, das ihr ihr Sohn Clotar in der Kirche St. [294] Germain des prés errichten ließ. Die Künstler, Zucchi und Rosetti, führten im Jahre 1603 die herrlichen Mosaiken aus, die auf den Befehl Papst Clemens VIII. die Kuppel der Peterskirche in Rom schmücken; auch ersetzte man später die meisten darin befindlichen Oelgemälde, selbst die von Rafael, durch Mosaiken, um ihnen dadurch unvergängliche Dauer zu geben. Manch berühmtes Bild alter Meister ward schon früher auf diese Weise der Nachwelt erhalten, und deßhalb unternahm auch, nach dem Willen Napoleon's, der Florentiner Jakob Rafaelli die Mosaik-Kopie des stark beschädigten Frescogemäldes von Leonardo da Vinci, das sich im Refectorio der Dominikaner zu Mailand befindet, und das letzte Abendmahl unseres Heilandes zum Gegenstande hat. Es ist dieses Kunstwerk die größte musivische Arbeit neuerer Zeit, und gegenwärtig in Wien, wo es einen eigenen Saal der Ambraser Sammlung einnimmt. Die erste Kunstschule für Mosaik legte im Anfange des 15. Jahrhunderts Peter Paul von Cristophoris zu Rom an, Giambattista Calandra hatte schon früher durch Erfindung eines neuen Kitts viel zur Verbesserung derselben beigetragen. Ganz neu ist der Einfall, Mosaikgemälde in Platten zu durchsägen und dadurch zu vervielfältigen. Alte, vielleicht durch Schmutz und Unachtsamkeit beschädigte, Mosaiken schleift man ab, und gibt ihnen dadurch ihre verlorene Schönheit wieder. Die Holzmosaik, französisch marqueterie, italienisch tansia, auch tarsia, genannt, ward im 15. Jahrhunderte durch Filippo Brunelleschi und Giovanni di Varrone in großer Vollkommenheit geübt, und scheint, nachdem sie lange Jahre vergessen war, jetzt auf's Neue in Aufnahme kommen zu wollen.
F.