[240] Poitiers, Diana von, geb. den 3. September 1499, war die älteste Tochter Johann's von Poitiers, der die Herrschaft St. Vallier besaß und einer der angesehensten Familien der Dauphiné angehörte. 13 Jahre alt, vermählte sie sich mit Ludwig von Brezé, Grafen v. Maulecrive und Groß-Seneschal der Normandie. Dessen Tod, am 23. Juli 1531, betrübte Diana aufrichtig, und ihr Betragen bei Lebzeiten ihres Gatten soll durchaus tadellos gewesen sein. Sie ließ demselben zu Rouen in der Kirche Notre-Dame ein herrliches Denkmal errichten, und legte ihre Trauerkleider nie mehr[240] ab; selbst in den Tagen ihrer höchsten Gunst sah man sie nie anders, als in schwarzer oder weißer Farbe. Als Diana Witwe wurde, zählte sie 31 Jahr, während der Herzog von Orléans erst das 13. erreicht hatte; demnach schreibt sich dessen Neigung aus einer späteren, nicht genau zu bestimmenden Zeit her. Nach dem Tode des Dauphins Franz, durch welchen dem Herzoge von Orléans die Aussicht auf den Thron sich öffnete, trat die von diesem leidenschaftlich geliebte Diana als Mitbewerberin der Herzogin von Etampes, welche die erklärte Favorite Franz I. war, auf. Jede dieser Frauen hatte ihren Anhang, ihre Partei, und nicht selten gab der Haß dieser beiden Nebenbuhlerinnen zu den heftigsten Scenen Veranlassung. Die Herzogin, um 10 Jahre jünger, schmeichelte sich den Preis der Schönheit zu erhalten, und bespöttelte in beißenden Scherzen Diana's vorgerücktes Alter. Dennoch schien die Neigung des Dauphins mit jedem Tage zuzunehmen; selbst seine Vermählung mit Katharina von Medicis brachte keine Veränderung in seinen Gesinnungen Diana hervor, und die Fürstin mußte sich bequemen, der Favorite mit aller nur möglichen Schonung zu begegnen. Bis zum Tode Franz I. spielte Diana nur eine unbedeutende Rolle; erst als Heinrich II. den Thron bestiegen hatte, versammelte sie Alles, was zum Hofe gehörte, um sich, und herrschte in seinem Namen über Frankreich. Den ersten Gebrauch, den sie von ihrem Einflusse machte, war die Verbannung der Herzogin von Etampes und die Entlassung aller derer, die dieser ihre Erhebung verdankten. Sie waltete unumschränkt im Staatsrath, im Ministerium und im Parlament: wer ihr nicht huldigte, wurde seines Amtes entsetzt. Im October 1548 schenkte ihr der König das Herzogthum Valentinois, von dem sie fortan den Titel einer Herzogin von Valentinois führte. Noch erhielt sie von Heinrich II. die Abgaben des sogenannten Bestätigungsrechtes; alle diejenigen, die ein Amt in Frankreich bekleideten, mußten nämlich eine gewisse Summe bei der Thronbesteigung eines neuen Königs entrichten, um sich bestätigen[241] zu lassen. Diese letzte Gunst, die Franz I. nur seiner Mutter bewilligt hatte, erregte allgemeines Murren unter dem Volke. Diana benutzte die Summe, die ihr durch diese Freigebigkeit zu Theil wurde, zur Verschönerung des Schlosses von Anet, welches als ein ausgezeichnetes Werk der damaligen Baukunst genannt zu werden verdient. Diana's Alter ließ ihren Einfluß auf des Königs Herz so außergewöhnlich erscheinen, daß einige ihrer Zeitgenossen hier übernatürliche Künste im Spiele glaubten. Diana's wahrer Zauber mochte jedoch in der frischen Lebendigkeit ihres Geistes und in ihren Talenten bestehen, mit denen sie den König mehr, als mit ihrer Schönheit zu fesseln wußte. Der Präsident von Thou schreibt Dianen alles Unglück der Regierung Heinrich's II. zu. Sowohl den Bruch des Waffenstillstandes mit Spanien, der die unglückliche Schlacht von St. Quentin zur Folge hatte, als auch die Verfolgungen, welche die Protestanten unter seiner Herrschaft erlitten. Der Haß, den die Calvinisten so unverholen gegen sie äußerten, läßt kaum bezweifeln, daß sie wenigstens Heinrich in seiner blinden Intoleranz bestärkt haben müsse. Diana war eine erklärte Feindin der Reformation; sie drohte in ihrem Testamente ihren Töchtern mit Enterbung, wenn sie zu einer andern Religionspartei überzugehen im Stande wären. Heinrich II. starb den 10. Juli 1559 an den Folgen einer in einem Turnier erhaltenen Wunde; sein Tod brachte natürlich eine gänzliche Veränderung in Diana's Schicksal hervor. Sie erhielt sogleich von Katharina von Medicis die Weisung den Hof zu verlassen, worauf sie sich in ihr Schloß Anet zurückzog. Dort starb sie den 22. April 1566. Ihrem Wohlthätigkeitssinne verdanken mehrere Armenhäuser ihre Entstehung. In Anet errichtete sie ein Hôtel-Dieu für 12 bedürftige Witwen. Ihr Grabmal mit ihrem in Marmor ausgehauenen Bildnisse befand sich in einer Kapelle des Schlosses, und ist vor einiger Zeit in das Museum französische Monumente nach Paris gebracht worden.
E. v. E
Brockhaus-1911: Poitiers [2] · Poitiers · Diane de Poitiers
DamenConvLex-1834: Diana von Poitiers · Poitiers
Herder-1854: Poitiers [2] · Poitiers [1]
Meyers-1905: Wilhelm von Poitiers · Poitiers [2] · Poitiers [1]