Ring

[855] Ring. Armringe, Baugen, ahd. und mhd. bouc, werden in den ältesten Dichtungen sehr oft erwähnt und sind eines der zahlreichsten Gräberfundstücke; sie dienen nicht bloss als Schmuck, sondern sie vertreten zugleich das gemünzte Geld (siehe den Art. Münzen); Baugenverteiler und Baugenbrecher sind Ehrennamen des Königs; in den Schatzkammern der Könige lag das edle Metall in Ringform aufgehäuft. Die Stoffe waren Erz und Gold, Eisen und Silber, auch Glas. Die häufigsten Formen sind die halb- oder ganzrunden geschlossenen oder halboffenen eigentlichen Baugen und die spiralischen Drahtringe. In höfischer Zeit kamen die Armringe der Männer ausser Mode und blieben fortan bloss ein Schmuck für das weibliche Geschlecht. Fingerringe finden sich oft; sie heissen mhd. fingerlîn. Sie zeigen in alter Zeit die einfache Reifform oder die spiralförmige, in merovingischer Zeit[855] häufig die des römischen Siegelrings; die Platte ist mit barbarischen Ornamenten, Kreuzen, Inschriften und Nachbildungen römischer Münzen geschmückt. Durch edle Steine erhielten die Ringe nach dem Glauben des Mittelalters Wunderkraft. Der Stoff war Gold, Silber, Kupfermischung, Zinn und Glas. Halsringe oder Halsbaugen waren Nachbildungen römischer und gallischer Sitte. Ohrringe aus Bronce- oder Silberdraht werden in den heidnischen Gräbern ebenfalls viel gefunden, werden auch in der höfischen Periode mit den Armspangen häufig als beliebter Frauenschmuck genannt. Sie bestehen zuweilen aus mehreren ineinander geflochtenen Drähten.

Als Zeichen der Verlobung stammt der Ring aus den romanischen Ländern, wo er Fortsetzung des römischen Heiratringes war. Einen Ringwechsel des Brautpaares kennt daher das frühere Mittelalter nicht, sondern nur der Bräutigam übergiebt einen Ring der Braut. Er verbreitete sich durch Hilfe der Kirche. Siehe Weinhold, deutsche Frauen.

Die Siegelringe wurden wohl weniger an dem Finger getragen, als unter den Amtsinsignien mitgeführt. Die eigentlichen Pontifikalringe, die einen wesentlichen Bestandteil der Weih- und Krönungsinsignien ausmachten, wurden seit dem 9. Jahrhundert vorschriftsgemäss am Ringfinger der rechten Hand getragen, früher am Zeigefinger. Der Ring ist auch hier Ehering, das Zeichen der geistigen Vermählung des Bischofs mit seiner Diözese, des Königs mit seinem Lande. Vom 13. Jahrhundert an wurden namentlich die Bischofsringe immer reicher mit Edelsteinen ausgeschmückt, sodass deren obere Fläche sich oft turmartig erhöhte und das Tragen – namentlich im 15. und 16. Jahrhundert – schwierig wurde. Ringe dieser Art wurden über dem Handschuh an den Finger gesteckt.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 855-856.
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