[764] Calvin, Johannes, eigentlich Cauvin oder Chauvin, wurde den 10. Juni 1509 zu Noyon in der Picardie geb.; er studierte zuerst Theologie, dann die Rechte, wandte sich abermals zu der Theologie, nachdem er sich bereits gegen den Kirchenglauben entschieden hatte. 1534 ging er nach Basel, als Franz I. von Frankreich gegen die Neuerer eine strenge Verfolgung ergehen ließ. In Basel schrieb er seine »Institutio religionis christianae« (Unterricht in der christlichen Religion), kam 1536 als Lehrer der Theologie und Prediger nach Genf, wollte dort seine Kirche gründen und verfaßte den Katechismus, »das Glaubensbekenntniß, welches alle Bewohner Genfs und dessen Unterthanen zu halten und zu bewahren schwören.« Er drang für diesmal jedoch nicht durch und verließ Genf 1538, wurde jedoch schon 1540 aus Straßburg zurückberufen und betrieb nun sein Werk mit schrankenloser Macht. Er verbot Schauspiele, Tänze und alle öffentlichen Lustbarkeiten und ließ jeden Uebertreter und jede Unsittlichkeit aufs strengste bestrafen. Die Prediger durften in die Häuser gehen und den Glauben der Bewohner prüfen; Tadel von der Kanzel herab mußte sich der Bürger wie der Magistrat gefallen lassen. Widersprecher duldete er keinen; einen gewissen Gruet, der ein Placat gegen ihn angeschlagen hatte, ließ er enthaupten, den span. Arzt Servede, der gegen die Lehre von der Dreieinigkeit, aber auch gegen C. geschrieben hatte, ließ er verbrennen. So beherrschte [764] er Genf bis zu seinem Tode, 24. Mai 1564. Mit den anderen Reformatoren stimmte C. vielfach in seiner Lehre nicht überein; er bildete die Lehre von der Prädestination (Vorherbestimmung) dahin aus, daß ein Theil der Menschen von Gott unabänderlich zur Verdammniß, der andere zur Seligkeit bestimmt sei; von den zur Verdammniß bestimmten kann sich keiner retten, er mag thun was er will, auch die Sacramente, Taufe und Abendmahl helfen ihm nichts. Von dem Abendmahle stellte C. die Lehre auf, daß der Gläubige den Leib Christi in demselben genieße, indem zugleich mit dem Genusse des Weins und Brotes, die unverändert bleiben, eine aus dem Leibe Christi, der nur im Himmel ist, ausfließende Kraft dem Gläubigen dargeboten werde. In seiner Kirchenordnung war er ausschließlich republikanisch (Presbyterialordnung); die Grundlage ist die Gemeinde mit den gewählten Predigern; aus der Gemeinde geht das Consistorium mit 6 Predigern und 12 Laien hervor, und diesem sind aus Predigern und Laien gewählte periodische Synoden beigeordnet. Diese republikan. Kirchenverfassung wanderte mit C.s Lehre nach Frankreich, in die Niederlande, nach England und Schottland u. hat wesentlich zu den polit. Umgestaltungen der 3 letzten Staaten mitgewirkt; in dieser Hinsicht war demnach C.s Reformation folgenreicher als die Luthers. C.s sämmtliche Schriften erschienen zu Amsterdam 1667.