Fetischismus

[692] Fetischismus (vom portugies. Worte faticaria, Götze, Idol), Götzendienerei, nennt man die abgöttische Verehrung, welche einem einzelnen Naturgegenstande: Fels, Berggipfel, Fluß, Pflanze, Thier, oder einem künstlich verfertigten, [692] meist thier- oder menschenähnlichen Gegenstande, erwiesen wird. Das Charakteristische ist, daß der Gegenstand nicht als Symbol einer guten oder bösen Gottheit, sondern als der eigentliche Sitz derselben gilt. Der F. ist die niederste Stufe des religiösen Bewußtseins und zugleich die größte Demüthigung der menschlichen Vernunft, zumal er sich mit Menschenfresserei und den abscheulichsten Gebräuchen verträgt. Der Fetischdienst hat übrigens seine Abstufungen und seine eigentliche Heimath bei den Negern Afrikas. Während das religiöse Gefühl der Australier und südamerikan. Waldindianer kaum durch Hoffen od. Fürchten geweckt wird, haben die Jäger- u. Fischerstämme von Nordamerika sowie die Polarvölker Opfer, Zauberer, Wahrsager, Feste, gute und böse Geister, Vorstellungen vom Jenseits u.s.f. Die Religion der Azteken in Mexiko scheint eine sehr ausgebildete Mittelstufe zwischen F. und den pantheistischen Religionen Indiens gewesen zu sein.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 692-693.
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