Fetisch, Fetischismus

[107] Fetisch, Feteschismus. Fetischmus. Mit dem Ausdruck Fetisch oder Fatisch bezeichnen die Einwohner von Guinea und überhaupt der Westküste von Afrika gewisse Gegenstande aus dem ganzen großen All der Natur, von denen sie einen besondern Schutz, eine göttliche Hülfe erwarten. Diese Gegenstände, die jeder Einzelne für sich wählt, oder welche die Priester wählen, sind, sie mögen leblos oder belebt sein, Fetisch, daß ist heilig, unverletzlich, sie werden göttlich verehrt, sie empfangen Opfer, sie ertheilen Orakel. So kann ein Baum, ein Stein, eine Schlange, ein Krokodil, ein Schakal, ein [107] Ibis, eine Korallenzinke Fetisch werden. Der Fetisch übt seine Zauber- und Wunderkraft durch den Einfluß des höchsten Wesens, Njongmaa. Der Fetischmus ist der treue Spiegel eines Naturdienstes, den uncivilisirte Völker in der Kindlichkeit ihrer Begriffe und Ansichten auffaßten und festhielten. Da nun die zahlreichen Negervölkerschaften, von denen die Europäer so spät Kunde erlangten, abgeschlossen von der übrigen Welt existirten, und zwar in einem rohen und unkultivirten Naturleben, so konnte und mußte sich bei ihnen auch jener Naturdienst am meisten ausbilden, welcher die mächtigen, erhabenen oder schrecklichen Naturerscheinungen als Wirkungen eines göttlichen Wesens ansah, das man durch Opfer versöhnen, durch Gebet gewinnen und in Bildern anbeten konnte.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 107-108.
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