Ostindische Compagnie

[429] Ostindische Compagnie, bezeichnet in der Regel die engl., da diese die aller andern Nationen ungemein überflügelt hat. Sie wurde 1600 unter Elisabeth gegründet u. besteht gegenwärtig aus 2163 Actionären mit einer Jahresdividende von 630000 Pfd. Sterl., die aus den Einkünften bestritten wird. Bei ihrer Gründung u. Erneuerung (1708) erhielt sie wesentlich die Rechte der holländ. o.n. C., nämlich: das Monopol des Handels, das Recht in den bezeichneten Gegenden Kriegsschiffe u. Truppen zu halten, Festungen zu bauen, Krieg zu erklären, Frieden zu schließen etc. Die Verwaltung der politischen u. commerciellen Angelegenheiten war Ausschüssen [429] anvertraut; die Actionäre waren in Kammern eingetheilt, an deren Spitze der Hof der Directoren stand. Der Mißbrauch dieser Rechte veranlaßte einen Sturm im Parlamente u. dadurch 1773 die ordnende Acte, 1784 Pitts Ostindienbill. Der Compagnie blieb das Monopol, auch wurde die öffentliche Gewalt forthin in ihrem Namen ausgeübt und die Mitwirkung des Directorenhofs bei allen Haupttheilungen dauerte fort, aber die Krone (d.h. das Ministerium) setzte den Generalgouverneur ein, den Oberbefehlshaber der bewaffneten Macht, den Leiter der auswärtigen Angelegenheiten, der seine Instructionen von dem Ministerium der Krone erhält, der sogar legislative Gewalt übt, jedoch derartige Beschlüsse in London bestätigen lassen muß. Den Directoren ist aber das Recht geblieben, den Generalgouverneur abberufen zu können. Dem Generalgouverneur steht ein von der Regierung bestellter oberster Rath zur Seite; sind sie uneinig, so entscheidet die Regierung und der im Unrecht befundene Theil dankt ab. Ferner besteht zu London das Board of control, von der Regierung ernannt; der Präsident desselben ist Mitglied des Ministeriums u. vertritt die Indien betreffenden Maßregeln desselben im Unterhause; das Board erläßt keine Befehle, aber es kann alle Beschlüsse des Directorenhofs abändern und dieser kann nur dagegen protestiren und mehrmalige Berathung verlangen; besteht das Board auf seinen Beschlüssen, so gelangen sie nach Indien und werden ausgeführt, es übt also eigentlich die höchste Gewalt. Der auf je 20 Jahre verliehene Freibrief der Compagnie wurde zwar regelmäßig, zuletzt 1853 erneuert, die Privilegien aber erfuhren fortwährend Schmälerung: 1814 wurde der Compagnie das Monopol des indischen Handels genommen, 1833 das Monopol des chines. Handels, so daß ihr als politischer Corporation nur die Regierung Ostindiens mit dem damit verbundenen Patronatswesen unter den oben angegebenen Beschränkungen geblieben ist. – Von den o.n C.n anderer Völker war die holländ. die wichtigste; sie ging durch eigene Schuld zu Grunde, indem sie sich alle Aus- und Einfuhr, selbst die Producte des Anbaus von Seite der Eingebornen vorbehielt, diese zu Sklaven machte u. förmliche Vertilgungskriege gegen dieselben führte, wodurch die Colonien erschöpft wurden. Da die Concurrenz der Engländer und Franzosen doch nicht auszuschließen war, im Gegentheil übermächtig wurde, so verarmte die holländ. Compagnie immer mehr, das Deficit belief sich 1794 auf 118265447 Gulden u. die Stürme der französ. Revolution machten dem Institute ein Ende, indem die batav. Republik alle Schulden u. Besitzungen übernahm. Eine neue holländ. Compagnie wurde 1824 gestiftet. Die französ. o. C., 1664 gestiftet, überflügelte einige Zeit die Engländer und fiel nur durch die Schuld der Regierung; sie hörte 1779 auf. Die dänische, errichtet 1618, wieder aufgelöst 1634, neu errichtet 1670, löste sich 1729 auf (s. Trankebar); auch die schwedische, 1741 zu Gothenburg gestiftet, 1806 reconstituirt, gelangte zu keiner Bedeutung.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 429-430.
Lizenz:
Faksimiles:
429 | 430
Kategorien: