Presbyter

[606] Presbyter, griech., Aeltester, wurde in den ersten christlichen Jahrhunderten manchmal der Bischof genannt, zumal gelegentlich selbst Apostel sich mit diesem Namen bezeichnet hatten; im eigentlichen Sinne aber waren P. die Gehilfen des Bischofs, zu letzterm im ähnlichen Verhältnisse stehend, wie einst die 70 Jünger zu den 12 Aposteln, die Priester. Die älteste Kirche kannte auch P. inen, welche gleich den Diakonissinen (s. d.) Kranke pflegten u. die weibliche Jugend unterrichteten, weiters aber jeder kirchlichen Bedeutung entbehrten (I. Kor. 14,34). P. at, das Priesterthum (sacerdotium) im engern Sinne; P. atsweihe, die Priesterweihe im engern u. liturgischen Sinne, durch welche einem bisherigen Diakon das Recht ertheilt wird, das hl. Meßopfer zu feiern u. Sünden zu vergeben. P.ium, hieß in ältester Zeit die Gesammtheit der an einer bischöfl. Kirche angestellten P. u. Diakonen, welche den ständigen Senat des Bischofs bildete u. in allen Angelegenheiten von Bedeutung zu Rathe gezogen wurde z.B. bei Fragen über Disciplin, Bußwesen, Aufnahme fremder Kleriker u.s.f. – Vergl. Archipresbyter, Ordinarius. – P. ialsystem, diejenige Art der protest. Kirchenverfassung, deren erster Grundsatz heißt, daß nicht der Bischof (s. Episcopalsystem), sondern die Kirchengemeinde d.h. das souveräne Volk die Quelle der geistlichen Gewalt und somit dem Volke mindestens ein bedeutender Antheil an der Beaufsichtigung und Verwaltung der Kirchengemeinde zuzugestehen sei. Das P.ialsystem wurde grundsätzlich zuerst von Calvin anerkannt, in Schottland 1561 durch Knox und die »Congregation der Heiligen« praktisch, in neuerer Zeit durch Aufstellung von sogen. P. ien in den preuß. Rheinlanden, im Nassauischen, Bayern u.s.f. ein Mittelding zwischen Episcopal- und P.ialsystem geschaffen. Die P.ien bestehen aus dem Prediger, dessen etwaigen Gehilfen und einigen Gemeindebürgern; daß aber erstere und überhaupt theologisch gebildete Personen Mitglieder sein müssen, erscheint keineswegs als durchaus nothwendig.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 606.
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