Schamanen

[63] Schamanen, von den Grönländern Angegoks genannt, die Priester, Geisterbeschwörer u. Zauberer vieler Volksstämme im nördl. Theile der Erde, namentlich der Kamtschadalen, Lappen, Tungusen, Buräten u. Ostjäken. Man schreibt ihnen die Macht zu, durch die Vornahme gewisser Handlungen oder durch gewisse Instrumente (Zaubertrommel der Lappen) die Geister zwingen zu können. über ihr Verhältniß zu den Menschen, über künftige oder entfernte Dinge u. Ereignisse Auskunft zu geben. Geisterbeschwörungen und Zaubereien kommen namentlich bei Krankheitsfällen, Diebstahl u. dgl. in Anwendung. Bei den nordasiatischen Volksstämmen ergänzen sich die S. durch Annahme von Kindern, die durch Krämpfe oder Blutungen ihren Beruf zum S.thum beurkunden u. zeichnen sich vor ihren Landsleuten durch eine eigene phantastische Tracht aus. Weil die S. eine außerordentlich wichtige Rolle spielen, nennt [63] man auch die Religion der Polarmenschen überhaupt S.thum; die gemeinsamen Grundzüge desselben aber sind: 1) der Glaube an einen obersten aber verborgenen Gott, an einen stellvertretenden Schöpfer, Erhalter und Regierer, an Gestirn- und Naturgottheiten, an Götter der menschlichen Beschäftigungen und Zustände sowie an Geister der S.; 2) der Glaube an den Satan mit vielen Unterteufeln, die aber den Guten nichts schaden, sondern denselben sogar dienstbar u. nützlich sein müssen; 3) an Unsterblichkeit der Seele; 4) Gottesverehrung durch Opfer; 5) Vermittlung zwischen den Menschen u. Göttern durch die S. Endlich sind diese Religionen alle mehr oder minder mit Christenthum zersetzt, wie z.B. die Lappen auch Christum und Maria, die Tungusen den hl. Nikolaus neben ihren Götzen verehren.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 63-64.
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