Unglaube

[556] Unglaube (lat. incredulitas, woher das ital. incredulità, das franz. incrédulité, das engl. incredulity). der Mangel an Glauben, näher der Mangel an Glauben in Bezug auf allgemein angenommene Vernunftwahrheiten (philosophischer U.) od. historische Thatsachen (historischer U.), im engsten u. eigentlichsten Sinne der Mangel an religiösem Glauben (religiöser U.). Einen absoluten U.n gibt es in keiner Hinsicht, die ganze geistige Organisation des Menschen spricht gegen die Möglichkeit eines solchen, wir müssen sogar der Wahrnehmung unserer eigenen Sinne Glauben schenken (vergl. Skepsis); der relative U. aber hat besonders in religiöser Beziehung seine Entwicklungsstufen von der Zweifelsucht bis zur atheistischen Verstocktheit, die sich selber vergöttert und gleichzeitig sich selber geistig zum Thiere erniedrigt. Ueberhaupt offenbart sich die Thatsache, daß das Erkennen des Menschen mit seinem Fühlen u. Begehren in der innigsten Wechselwirkung steht, nirgends so auffallend wie im Gebiete des religiösen U.ns; der Ungläubige wird mehr u. mehr unfähig, sich in irgend eine Weltanschauung hineinzudenken, sein U. läßt ihm auch historische Thatsachen u. viele Erscheinungen des alltäglichen Lebens in falschem Lichte erscheinen, er kommt so weit, daß alle Belehrung u. Widerlegung durch Gründe und Thatsachen bei ihm nicht mehr anschlägt, und geräth in einen Zustand, der mit der Bornirtheit stets u. mit dem Aberglauben sehr häufig Hand in Hand geht. Vgl. Philosophie, Religion.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 556.
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