[261] Aquarellmalerei, die Malerei mit Wasser als Malmittel und mit Farben, die mit einem Bindemittel äußerst sein gerieben sind.
Als Bindemittel benutzt man gewöhnlich Gummi arabicum oder eine Mischung von 11/2 Gewichtsteilen Gummi arabicum, 1/2 Senegalgummi und 1 weißem Kandis, die bei gelinder Wärme in Wasser gelöst werden. Als Untergrund dient weißes starkes Papier, das auf einen Blendrahmen gespannt wird oder (bei sogenannten Malblocks) in mehreren Exemplaren aufeinandergelegt und am Rande aufgeleimt ist. Letztere finden besonders zu Skizzen nach der Natur Anwendung. Die am meisten bevorzugten Papiere, deren Format selten über 1 qm beträgt, sind: J.W. Zanders deutsche Büttenpapiere, Canson-, Ingres- und Hardingpapier mit leinwandartiger Struktur, Whatmann in deutschem und englischem Fabrikat. Bei dem Whatmannpaper unterscheidet man dann noch glattes bis ganz rauhes Korn (Torchon). Die Wahl des Korns hängt vom gewollten Effekt, der zarteren oder mehr impressionistischen Behandlung ab, sowie vom Standpunkt, von dem aus das Bild gesehen werden soll. Alle diese Papiere sind stark geleimt und es ergeben sich häufig erst durch teilweises Auswaschen der Farben mit dem Schwamm die feinsten Wirkungen. Die zur Anwendung gelangenden Farben kommen in großer Auswahl fertig zum Gebrauch in den Handel. Sie werden in dreierlei Konsistenzform hergestellt, und zwar: 1. in hart und trocken gewordenen Täfelchen, die auf weißer Porzellanpalette mit Wasser angerieben werden; 2. in halbfeuchtem Zustand in Porzellannäpfchen, die sich ganz besonders zum Skizzieren nach der Natur im Freien eignen; 3. in mehr flüssiger Form, in Zinntuben eingefüllt, welche die Frische der Farbe am längsten gewährleisten. Man unterscheidet hierbei Künstlerfarben und technische Farben. Vom chemischen Standpunkt werden sie eingeteilt in natürliche Erdfarben, ferner Mineralfarben, die meist aus Metalloxyden bestehen, und Lackfarben, die dem Pflanzen- und Tierreich entnommen werden. Von Anilinfarben wird nur bei den technischen Farben Gebrauch gemacht, da dieselben zu wenig lichtbeständig und zu grell im Ton sind.
Die bei der Aquarellmalerei hauptsächlich in Betracht kommenden Künstlerfarben beschränken sich auf wenige unentbehrliche Pigmente und solche, die seltener Anwendung finden. Die hauptsächlich in Gebrauch kommenden Farben sind:
Die besten Farben werden gegenwärtig in England hergestellt, wo die Aquarellmalerei in höchster Vollendung ausgeübt wird. Die namhaftesten Fabriken sind Rowney, Winsor & Newton und Akermann, ämtlich in London. Von deutschen Farben sind gegenwärtig die besten die von Schönfeld & Cie. in Düsseldorf, H. Schmincke & Cie. (Patent Horadam), ferner Günther Wagner (Pelikanfarben) und Albert Martz in Stuttgart, welch letztere beiden hauptsächlich für technische Zwecke arbeiten. In Frankreich werden die besten Farben fabriziert von Chenal, Paillard und Lambertye in Paris.
Die Kosten der Farben sind je nach Bezugsquelle, Qualität und Größe der Farbenmenge sehr verschieden. So kosten größere Tafeln per Stück 34 bis 4 ℳ., kleinere 12 bis 50 ., englische Farben: ganze Näpfchen per Stück 75 . bis 4,50 ℳ. und mehr, halbe 50 bis 2,50 ℳ. und mehr, Tuben per Stück 50 . bis 1,50 ℳ. und mehr. Die teuersten Farben sind die Krappe, Smalte und gebrannter Karmin; echter Ultramarin 15 ℳ. per Tube. Deckweiß (Permanent-Chinesischweiß) und Gouachefarben, die fast alle stark decken, werden von Schmincke & Co.[261] und von Lambertye in Paris in Tuben und Näpfen à 3050 ., ebenso in Gläsern zu 60 . bis 2,40 ℳ. von Schönfeld & Co. in Düsseldorf geliefert.
Als technische Farben bezeichnet man besondere, bei den verschiedenen Anwendungen stets wiederkehrende, konventionelle Töne, z.B. von Metallen, Stein, Holz u.s.w., wie sie von Technikern aller Art, Offizieren u.s.w. gebraucht werden. Die hierzu nötigen Pigmente sind meist von geringerer Qualität als die Künstlerfarben und werden nur in Täfelchen oder Tuben, als »Ausziehtuschen« aber flüssig und unverwischbar hergestellt. Diese Ausziehtuschen erhält man in Gelb und Orange, Ultramarin, Violett, Neutraltintenton, Schwarz (chinesische Tusche), Preußischblau, Sepia, Zinnober, Karmin, Grün (hell und dunkel). Zu erwähnen sind noch die mit Gummiwasser feingeriebenen Aquarellbronzen in allen Farben, als Hochgold, Grüngold, Silber, Kupfer u.s.w. Insbesondere findet echtes Gold und Aluminium reichliche Anwendung. Die beiden letzteren werden aus Blattgold unter Zusatz von Honig und Salz aufs feinste zerrieben, geschlemmt und in Muscheln mit Gummiwasser temperiert.
Die zur Verwendung gelangenden Pinsel sind teils rund, teils breit gefaßt. Die bellen und teuersten bestehen aus Eichhörnchen-, Zobel-, Rot- und Braunmarder- oder Kamelhaaren; auch finden Borstenpinsel für Laubwerk, Stämme und Mauerwerk in halbtrockener Manier vielfach Verwendung (vgl. Pinsel). Daneben gebrauchen manche Maler noch den Schleifstein und Glaspapier, um für besonders zarte Partien das Korn des Papiers zu entfernen.
Die Technik der Aquarellmalerei führt weit ins Altertum zurück. Schon die Aegypter haben die Bemalung der Geräte, ja selbst große Wandmalereien in Wasserfarben ausgeführt, und es ist gewiß, daß viele spätrömische Werke gleicher Art in Wasserfarben behandelt wurden. Während des ganzen Mittelalters finden wir dann die der Aquarellmalerei verwandten Techniken der Tempera und des Fresko geübt. Im 16. Jahrhundert sehen wir das Tonen der großen Kartons für die Teppichwirkerei durch Aquarellfarben (Raffaelsche Tapeten), auch, wie z.B. bei Holbein d. J., Darstellungen ganzer Wandmalereien in Aquarell als Vorentwurf. Die Zeichnung ist dabei im mittelalterlichen Sinne schwarz konturiert, die Lokalfarben leicht angegeben mit Aussparung der höchsten Lichter (weißer Papierton). In Manuskripten des 12. bis 17. Jahrhunderts lassen sich dann viele Arbeiten nachweisen, die das Licht mit nachträglich poliertem Muschelgold auf der unterlegten Lokalfarbe darstellen und mitunter schon Anfänge zur heutigen Aquarelltechnik aufweisen. Allgemein betrachtet, ruhte die Aquarellmalerei bis ins 17. Jahrhundert auf stilistischer Grundlage, mit Betonung der Zeichnung. In Gegensatz hierzu tritt die Technik von heute. Sie erstrebt nicht mehr ausschließlich stilistische Wirkung, sondern namentlich Wiedergabe von seinen und farbenreichen, effektvollen Stimmungen. Die Arbeit beginnt dabei mit der korrekten Aufzeichnung des Modells in seinen Bleistiftstrichen, die mit dem Pinsel in farbigen aber neutralen Tönen nachgezogen werden. Hierauf wird mit dem »Waschpinsel« das Papier gleichmäßig angefeuchtet und mit sogenanntem Neutralorange oder diesem verwandten Tönen ein zarter Ton über das ursprünglich im Ton zu kalte Papier gezogen. Die weitere Malerei zielt nun darauf ab, tonige Haltung des Ganzen durch übereinander gelegte Farbschichten zu erhalten, eine Manier, die von der modernen Oelmalerei diametral verschieden ist, aber Effekte erreichen läßt, welche die letztere niemals geben kann. Mitunter wird neuerdings auch Naß in Naß gemalt und der endgültige Ton auf einmal zu treffen gesucht. Kleine helle Details und hohe Lichter werden mit Leinwand- oder Lederlappen ausgewischt, nachdem sie mit Wasser und Pinsel in den trockenen Ton gezeichnet waren. Durch Gummi- und Harzaquarellfirnisse wird nach höchster Kraft und Transparenz namentlich in den Schatten gestrebt, so daß die neuesten Leistungen der englischen Aquarellmaler hinter denjenigen der Oelmaler kaum an Wirkung zurückgehen, um so mehr, als neuerdings große Formate bis zu 1 qm bevorzugt werden. Die größten Meister reiner Aquarelltechnik sind E. Hildebrand, Meissonnier, Fortuny, Linton, Sargent u.s.w. Bemerkt sei noch, daß reine Aquarelltechnik verhältnismäßig selten ist, da fast überall durch teilweises Zuhilfenehmen von Gouache- oder Deckfarben, namentlich des Weißen, danach gestrebt wird, die Skala der Töne zu bereichern und die Technik bequemer zu gestalten (Menzel, Hans v. Bartels u.s.w.).
Literatur: Jännicke, Fr., Handbuch der Aquarellmalerei, 2 Bde., Stuttgart 1877 u. 1889. Barret, George, Die Aquarellmalerei, Stuttgart. Hatton, Thomas, Hints for Scetching in Water-Colour, London 1884; Penley, Aaron, A System of Water Colour Painting, 48. Aufl., London 1885; Cassagne, Traité d'aquarelles, Paris 1875; Raupp, K., Katechismus der Malerei, 3. Aufl., Leipzig 1898.
G. Halmhuber.
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