[171] Distanzmesser. Ebenso wie früher ist auch in jüngster Zeit eine große Anzahl Distanzmesser konstruiert worden. Für die Besprechung konnten nur einige ausgewählt werden.
I. Distanzmesser mit Latte. Das Wild-Zeißsche Fernrohr, bei dem die Bildebene durch Verschieben einer Zwischenlinse in die Strichkreuzebene eingeführt wird (s. Nivellieren, Bd. 6, S. 643), ist auch mit entfernungsmessenden Strichen versehen worden. Durch das Verschieben der Zwischenlinse ändert sich der Wert der Multiplikationskonstante und zwar für einige untersuchte Fernrohre von 96 auf 100 bei den Entfernungen von 5100 m, bei größeren Entfernungen nur noch wenig. S. die Abhandlungen unter [1]. Eggert weist darauf hin, daß man hierauf Rücklicht nehmen kann dadurch, daß den Entfernungsmaßen kleine, gleiche Beträge zugelegt werden.
Nach Angabe von Zwicky ist ein Tachymeter gebaut worden mit zwei nahe übereinander liegenden, durch eine Gelenkstange verbundenen Fernrohren. Die senkrechten Kippebenen der beiden Absehlinien schneiden sich in der Stehachse und bilden den entfernungsmessenden Winkel. Dieser ist erheblich größer als der eines Fadenentfernungsmessers, weshalb die Genauigkeit ebenfalls größer ist. Für die Entfernung gilt D = k L. An der in wagerechter Lage benutzten Latte kann die Entfernung unmittelbar abgelesen werden. S. [2]. Nach Versuchen von Hammer mit einem Instrumente mit der Konstante 20 war der mittlere Fehler + 0,1% der Entfernung. Aubell hat einen Doppelbildentfernungsmesser, s. Bd. 2, S. 784, bei einem Tachymeter verwendet. Das Objektiv des astronomischen Fernrohrs besteht aus zwei Halblinsen, deren optische Mittelpunkte in der Höhe um 0,01 und wagrecht um 0,005. der Brennweite gegeneinander verschoben worden sind. Durch Berichtigung des Höhenabstandes der Mittelpunkte und durch Drehung des ganzen Objektivs kann man die Multiplikationskonstante auf 100 abstimmen. Der Horizontalabstand zweier Punkte von ungleicher Höhe wird durch eine weitere Objektivdrehung ermittelt, die an einem geteilten und bezifferten Quadranten gemessen wird, s. Tachymetrie, Bd. 8, S. 404. Als Vorteil ist die größere Beständigkeit der Multiplikationskonstante gegenüber der des Fadenentfernungsmessers hervorgehoben worden.
Auch von andrer Seite wurde auf die Veränderlichkeit der Multiplikationskonstante des Fadenentfernungsmessers hingewiesen. Dagegen haben eingehende Versuche von Samel ergeben, daß die Spannungsänderung der Fäden durch die Luftfeuchtigkeit einen meßbaren Einfluß auf die Größe der Konstante nicht hatte [4]. Immerhin können aber andre Ursachen, z.B. starke Erschütterungen, die Konstante ändern. Um die Gefahr zu vermeiden, grobe Ablesefehler zu machen, hat Wolz in Bonn die entfernungsmessenden Fäden in ihren Schnittpunkten mit dem senkrechten Faden mit kleinen Schellacktupfen versehen. Von Eggert ist in [5] der Einfluß der Brechung der Lichtstrahlen auf die Fadenentfernungsmessung bei senkrecht stehender Latte theoretisch und nach Versuchsmessungen behandelt worden. Die Ablesungen am unteren Lattenende nahe dem Boden wurden durch die Strahlenbrechung erheblich stärker beeinflußt als die am oberen Ende. Es ist daher zu empfehlen, den Lattenabschnitt möglichst am oberen Ende der Latte zu bestimmen. Ueber recht günstige Erfahrungen bei zahlreichen Beobachtungen mit dem Fadenentfernungsmesser mit der Konstante 100 hat Habermehl in [6] berichtet. Mittlerer Fehler + 0,1%. Herz kommt in [7] nach den Ergebnissen seiner theoretischen Untersuchungen zu dem Schlusse, daß Huygenssche Okulare überhaupt nicht zu Entfernungsmessern benutzt werden dürfen. Diesem Schlusse wird man so allgemein nicht zustimmen können. Ueber gleichzeitige Bestimmungen von a und k aus Beobachtungsergebnissen s. [8].[171]
Die Firma Zeiß in Jena hat ein Patent genommen auf die allgemeinen Grundsätze einer Vorrichtung zur selbsttätigen Bestimmung von Größen, die nicht unmittelbar beobachtet werden können, sondern aus andern Beobachtungsgrößen ermittelt werden müssen. Es sind mehrere Vorschläge gemacht worden, diese Vorrichtung auf Entfernungsmesser für die Tachymetrie und den Heeresgebrauch anzuwenden [9].
Ueber die Verfahren von Böhler und Tichy, Entfernungen durch Horizontalrichtungs- oder Winkelmessung mit dem Theodolit zu bestimmen, s. die beiden Schlußsätze unter Basismessung, Bd. 1, S. 564.
II. Distanzmesser mit Basisschiene. 1. Basis unveränderlich. Durch Pulfrich sind verschiedene Angaben gemacht worden, das Tachymeter mit zwei Fernrohren auszurüsten, deren Absehlinien parallel liegen und nacheinander auf das Ziel gerichtet werden können. Der entfernungsmessende Winkel, um den die Absehlinien hierbei gedreht werden müssen, wird durch eine Meßschraube ermittelt. Der horizontale Abstand der beiden Absehlinien ist die Basis. In ähnlicher Weise kann jeder Theodolit mit exzentrischem Fernrohr zum Entfernungsmessen benutzt werden. Da die Messung des Winkels am Teilkreis jedoch wenig genau ist, hat dieses Verfahren praktisch keine Bedeutung, wogegen die Messung des Winkels mit der Schraube größerer Genauigkeit fähig ist. Bei einem von Pulfrich hergerichteten Instrumente liegen das Fernrohr und ein anderes um seine Achse drehbares Rohr mit rechtwinklig brechenden Prismen an den beiden Enden in der Richtung der Standlinie. S. [10] mit Messungsbeispiel und Genauigkeitsangaben.
Wegen des Entfernungsmessers von Casella in London nach Reeves s. [11].
2. Basis veränderlich. Die Einrichtung eines neuen Belgischen Entfernungsmessers für Artillerie beruht auf dem Satze der Geometrie, daß die Verhältnisse von je zwei gleichliegenden Seiten in ähnlichen Dreiecken gleich sind [12].
Heereszwecken dient auch der Entfernungsmesser von Pütz, dessen Fernrohrobjektiv seitlich verschoben wird, nachdem die Absehlinie auf einen Punkt gerichtet wurde, dessen Entfernung bestimmt werden soll. Um die Absehlinie wieder auf den Punkt zu richten, wird das ganze Fernrohr jetzt seitlich und parallel zur Verschiebung des Objektivs verschoben. Aus den beiden Verschiebungen wird die Entfernung ermittelt [13].
3. Spiegelung und Brechung der Lichtstrahlen. Das Koinzidenztelemeter der Firma Zeiß in Jena hat mit ihrem stereoskopischen Entfernungsmesser, s. Bd. 2, S. 788, die beiden Objektivlinsen und Prismen gemein. Die Lichtstrahlen gehen jedoch noch durch zwei verkittete Dachprismen. Dadurch wird je eine Hälfte des Gegenstandes über und bei endlichen Entfernungen auch nebeneinander abgebildet. Durch seitliche Verschiebung eines brechenden Keils werden die beiden Bildhälften scharf übereinander gestellt. Diese Verschiebung bestimmt die Entfernung. Hierzu und über Versuchsmessungen s. [14].
Es möge ferner noch hingewiesen werden auf das Architelemeter von Kauffmann [15] für Erkundungen und Heereszwecke, das sich auch zum Messen von Horizontal-, Höhen- und Tiefenwinkeln eignet, und auf den Entfernungsmesser von Taylor für Heereszwecke [16]. Hierin auch Besprechung des Einflusses der Schwerkraft und der Aenderung des Wärmezustandes der bisher gebrauchten Entfernungsmesser.
Literatur: [1] Zeitschr. f. Instr. 1912, S. 84, und 1913, S. 195; Klingatsch, Ueber Fadendistanzmesser mit Zwischenlinse; ebenda 1913, S. 192 und 197; Baeschlin, desgl.; Zeitschr. f. Verm. 1913; S. 770, Eggert, Das Zeiß-Wildsche Fernrohr als Fadendistanzmesser. [2] Schweiz. Geom.-Ztg., Winterthur 1912, S. 242; Zwicky, Ein neuer Entfernungsmesser zum direkten Ablesen der Horizontal-Distanz und seine Anwendung; Der Mechaniker 1913, S. 61; Dokulil, Fernrohrdistanzmesser von J. Zwicky; Zeitschr. f. Instr. 1913, S. 52; Hammer, desgl. [3] Oesterr. Zeitschr. f. Verm., Wien 1910, S. 35; Aubell, Ein reduzierendes Doppelbild-Tachymeter. [4] Zeitschr. f. Verm. 1913, S. 353; Samel, Der Einfluß der Luftfeuchtigkeit auf die Multiplikationskonstante des Reichenbachschen Entfernungsmessers. [5] Ebend. 1911, S. 493; Eggert, Einfluß der Refraktion auf die Fadendistanzmessung. [6] Zeitschr. d. Ver. d. höheren Bayr. Vermessungsbeamt. 1913, S. 88; Habermehl, Beitrag zur Frage der Ablesungsgenauigkeit bei tachymetrischen Messungen. [7] Oesterr. Zeitschr. f. Verm. 1909, S. 141; Herz, Zur Theorie der anallaktischen Distanzmesser. [8] Ebend., 1907, S. 38; Lederer, Zur Bestimmung der Konstanten eines distanzmessenden Fernrohrs. [9] Der Mechaniker 1912, S. 241; Dokulil, Vorrichtung für geodätische Instrumente zur selbsttätigen Auswertung einer von den Beobachtungsergebnissen abhängigen Veränderlichen. [10] Zeitschr. f. Instr. 1907, S. 329; Pulfrich, Ueber ein Verfahren zur direkten Ermittelung der Horizontalprojektion der Ziellinie nach einem nicht notwendig zugängigen Punkte. [11] Ebend. 1908, S. 302; Hammer, Ein neuer Entfernungsmesser. [12] Der Mechaniker 1909, S. 134. [13] Ebend., 1911, S. 253; Dokulil, Distanzmesser von Ferdinand Pütz. [14] Deutsche Mechanikerztg. 1907, S. 61; Oesterr. Zeitschr. f. Verm. 1911, S. 147; Löschner, Versuchsmessungen mit dem Inverttelemeter der Firma Carl Zeiß in Jena; Zeitschr. f. Instr. 1911, S. 388; Hammer, Bericht. [15] Der Mechaniker 1909, S. 97; Dokulil, Der Architelemeter von F.A. Kauffmann. [16] Zeitschr. f. Instr. 1909, S. 80.
Hillmer.
Lueger-1904: Distanzmesser [3] · Distanzmesser [1]
Buchempfehlung
»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.
90 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro