[271] Eisenanstriche bedürfen ganz besonderer Aufmerksamkeit bei ihrer Ausführung. Ein wirklich konservierender Anstrich ist nur dann möglich, wenn alle Eisenteile vor dem Zusammenfügen und nach gewonnener Ueberzeugung vollkommener Rostfreiheit sorgfältig gestrichen werden und gut trocknen; man streiche nach dem Vernieten nochmals, ohne Rücksicht auf etwaige geringe Mehrkosten, und die Objekte werden lange Zeit dem Rosten und der damit verbundenen Gefahr des Schadhaftwerdens widerstehen.
Auf verrostetem Eisen ist jeder Anstrich zwecklos, denn das Eisen rostet unter dem Anstrich weiter, und dieser fällt endlich mit der unter ihm gebildeten Oxydschicht als feste Kruste ab. Ein Eindringen der Farbe in das Eisen ist unmöglich; der Schutz, den diese gewährt, besteht lediglich in der die Luft abschließenden Decke, aus welchem Grund für Eisen eine viel dünnflüssigere Farbe nötig ist als für Holz; der Schwerpunkt des Eisenanstrichs liegt in der Grundierung. Findet diese mangelhaft statt, so ist die Wirkung des Anstrichs, auch wenn spätere Ueberzüge ordnungsmäßig stattfinden, Zweifelhaft; es tritt nur eine Verbindung zwischen Grund- und Deckfarbe ein, beide werden, wenn erstere nicht fest am Eisen haftet, bald rissig oder blättern. Die Farbe, die zum Anstreichen benutzt wird, ist ein höchst wichtiger Faktor. Bei Eisenanstrichen kommt als Bindemittel nur Leinölfirnis in Frage. Für die Grundierung ist nach den Resultaten jahrelang fortgesetzter Beobachtungen und in jüngster Zeit durchgeführter Versuche Bleimennige, Leinölfirnisfarbe ausschließlich geeignet, weil diese Farbe, im Trocknen eine Verbindung bildend, fest und hart wird, gleichzeitig aber auch auf dem Eisen so haftet, daß sie nur mit Gewalt entfernt werden kann. Eisenmennige dagegen ist infolge ihres bedeutenden Oelverbrauches und der dadurch bedingten Weichheit als Grundierung auszuschließen. Alles, was über galvanische Wechselwirkungen zwischen Eisen und (allenfalls reduziertem) Blei, wie durch den hohen Sauerstoffgehalt der Mennige angeblich beförderte Rostbildung geschrieben wurde, hat sich als unzutreffend erwiesen. Auf den Grundierartstrich kann dann jede reine Leinölfirnisfarbe aufgebracht werden und haben sich bei eingehenden Versuchen die meisten auf verschiedenen Körperfarben basierenden als gleichgut haltbar erwiesen. Reiner Leinölfirnis hält jahrelang und bildet eine für die Nässe undurchdringliche feste, elastische Schicht in Verbindung mit indifferenten Körperfarben; mit Harzöl oder andern Surrogaten versetzter Firnis wird schon kurze Zeit nach dem Trocknen rissig und spröde, dem Wasser den Zugang gestatten, endlich pulverig werden und sich abreiben. Die Qualitätsfrage ist also auch hier von größter Bedeutung.
Auch die Grundierung muß mit bellen Leinölfirnissen und reinen Farbkörpern ausgeführt werden sie darf nicht eine bloße Formsache sein und es gilt als Norm für die Ausführung folgendes: 1. alle Bohrlöcher müssen vor dem Vernieten mit Oelfarbe, 2. die Nietenstege und die Nietenköpfe an der Unterseite müssen vor dem Vernieten mit Oelfarbe, 3. jene Stellen der Eisenteile, die übereinander liegend vernietet werden, müssen gestrichen sein; 4. der Anstrich muß fest haften und hart sein, am allerwenigsten darf er sich klebrig anfühlen; 5. der Anstrich darf keine Risse oder Sprünge, keine Blasen oder zusammengezogenen Stellen aufweisen; 6. das Eisen muß unter dem Anstrich rostfrei sein. Bei im Freien, namentlich auf Eisenblechdächern ausgeführten Eisenanstrichen bietet das Kondensationswasser der Luft oft Schwierigkeiten; das Wärmeausstrahlungsvermögen des Eisens, an und für sich gering, wird durch einen Farbenanstrich wesentlich vermehrt, so daß der Fall eintreten kann, daß angestrichenes Eisen bei wolkenlosem Himmel unter die Lufttemperatur erkalten kann, wodurch sich ersteres mit Wasser beschlägt. Man muß, um dieser Unannehmlichkeit auszuweichen, häufig spät mit dem Anstrich beginnen und die Farbe muß zuverlässig und schnelltrocknend sein; der Anstrich kann erst angefangen werden, wenn die Gefahr eines Niederschlagens der Feuchtigkeit vorüber ist, und er muß schon trocken sein, ehe diese des Abends zu befürchten ist. Auch bei Eisenblechbedachungen müssen Falze und Nieten, Fugen und Nietenköpfe schon vor dem Zusammensetzen mit aller Sorgfalt gestrichen werden, damit keine ungestrichene Metallfläche vorhanden ist.
Schadhaft wird der Oelfarbenanstrich durch die Atmosphäre, die namhaften Temperaturveränderungen und die mechanischen Einflüsse des Regens, Staubes u.s.w. im Laufe der Zeit. Man erkennt die Schadhaftigkeit daran, daß der als Bindemittel der Farbkörper dienende Leinölfirnis so weit oxydiert ist, daß er sich mit der Farbe wie Staub abreiben läßt; vorher aber schon gestattet die nicht mehr kompakte Schicht dem Regenwasser und den durch Temperaturwechsel bewirkten Niederschlägen Zutritt zum Eisen. Es bilden sich auf der Farbe anscheinend Rostflecken, durch die Farbe hindurch wirkender Rost. Vorhandensein dieser Rostflecken ist ein Zeichen, daß der Anstrich seinen Zweck nicht mehr erfüllt, keinen Schutz verleiht und erneuert werden muß. Auch hier wird manchmal mit Rücksicht auf den Kostenpunkt viel zu lange gewartet. Die Erneuerung sollte schon stattfinden, ehe die Rostflecken sich zeigen, ehe der Anstrich so weit zerstört ist, daß er dem Wasser den Durchgang gestattet. Vor Erneuerung des Anstriches ist gebildeter Rost mittels Drahtbürsten vollständig zu entfernen.
Literatur: Andés, Der Eisenrost, Wien 1898.
Andés.