Feilen

[669] Feilen, Werkzeuge zum Abnehmen seiner Späne (Feilspäne oder Feilicht) von den Arbeitsstücken (vgl. a. Raspel). Auf diesen entlieht beim Feilen eine glatte, je nach der Feinheit der Feile mit gröberen oder feineren Rissen, dem Feilstrich, versehene Arbeitsfläche. Der Feilstrich soll gleichmäßig sein und bei langen dünnen Gegenständen in der Längsrichtung verlaufen. Die Feilen bestehen aus gehärteten Stahlstäben, deren Oberfläche durch Behauen mit einem Meißel mit scharfen Spitzen oder Zähnen versehen ist und dem auf das eine zugespitzte Ende, die Angel, aufgeschlagenen Griff oder Heft, das gewöhnlich aus Holz (Rotbuche) oder Papiermaché hergestellt wird.

Nach der Feinheit der Feilen oder der Anzahl der Feilenhiebe auf einer bestimmten Strecke unterscheidet man Feilen mit grobem Hieb, Arm- oder Strohseilen (wegen ihrer Verpackung in Stroh), Feilen mit Mittelhieb, Bastard- oder Vorfeilen und Feilen mit seinem Hieb, Schlichtfeilen. Zwischen den beiden letzten stehen die Halbschlichtfeilen. Bei Schlichtfeilen wird der Feinheit nach wieder unterschieden: Fein-, Doppel- und Schlichtschlicht. Für die Feinheitsbezeichnung ist nicht die Anzahl der Feilenhiebe für sich, sondern ihr Verhältnis zu der Größe der Feilen maßgebend. Armfeilen haben etwa 4–10, seine Uhrmacherfeilen 50–90 Einschnitte auf einen Zentimeter. Die Anzahl der Unterhiebe ist gewöhnlich etwas geringer. Die feineren Feilen werden, weil sie meist zu Dutzenden verpackt sind, Dutzendfeilen genannt. Die Form der Feilen ist äußerst mannigfaltig. Die meisten laufen spitz zu, im Querschnitt sind sie quadratisch, rechteckig, dreieckig, rund, oval u.s.w., in der Seitenansicht gewöhnlich schwach konvex, weil durch diese Form die Herstellung ebener Flächen erleichtert wird. Denn bei geraden Feilen findet infolge der wiegenden Bewegung, die der Arbeiter beim Feilen ausübt, ein Abfeilen der Kanten der Arbeitsfläche flau, die infolgedessen eine gewölbte Gestalt annimmt. Die gebräuchlichsten Feilenarten sind folgende:

Vierkantige Feilen mit quadratischem Querschnitt (Fig. 1). Die größten derselben, die Armfeilen, sind 30–60 cm lang und 25–50 cm breit, während die kleinsten Feilen dieser Art nur 55 mm Länge haben und zur Ausarbeitung viereckiger Oeffnungen dienen. – Flache Feilen auf ihrer ganzen Länge von gleicher Breite mit rechteckigem Querschnitt (Fig. 2) bleiben häufig an einer oder zwei Seiten ohne Hieb (Ansatzfeilen), um Ecken ausfeilen zu können, ohne daß beide Eckkanten von der Feile angegriffen werden. – Spitzflache Feilen oder Spitzfeilen mit rechteckigem Querschnitt laufen in eine Spitze aus. Bei diesen unterscheidet man wieder flache Stroh-, Bastard-, Schlicht-, halbdicke Feilen u.a. – Messerfeilen (Fig. 3) mit keilförmigem Querschnitt wie Messerklingen dienen zur Herstellung schmaler Einschnitte; Gabelfeilen sind flache, spitz zulaufende Feilen mit abgerundeten Kanten zum Ausfeilen der Zwischenräume zwischen den Gabelzinken. – Einstreich-, Schraubenkopf-, Schwertfeilen mit rhombischem Querschnitt (Fig. 4), dessen Kanten abgerundet sind, dienen zum Herstellen der Einschnitte an Schraubenköpfen oder[669] dergleichen. Ihre Länge beträgt höchstens etwa 13 cm. – Dreieckige oder dreikantige zugespitzte Feilen (Fig. 5), deren Querschnitt ein gleichzeitiges Dreieck ist, dienen zum Ausfeilen spitzer Winkel. Sägefeilen zum Nachseilen und Schärfen der Sägezähne gleichen den Dreieckfeilen; doch sind die Kanten abgestumpft und behauen und zeigen je nach der Art der Säge eine besondere Form. Auch halbrunde und runde Feilen dienen als Sägefeilen, ebenso flache Feilen zum Abgleichen der Zahnspitzenreihe. – Halbrunde Feilen (Fig. 6) haben den Querschnitt eines Halbkreises oder flachen Kreisabschnittes, dessen flache und runde Seiten behauen sind, und laufen spitz zu. Auch die runde Seite wird mit einem Meißel mit gerader Kante geschlagen, so daß sich die auf der runden Seite befindlichen Einkerbungen aus mehreren einzelnen Einschnitten zusammensetzen, wie Fig. 7 zeigt. Der Kreisbogen beträgt gewöhnlich 90–120°. Halbrunde Feilen mit kleinen Bogen von 30–40° heißen flachhalbrunde Feilen. Halbrunde Feilen haben häufig nur einfachen Hieb. – Wälzfeilen sind halbrunde, auf der ganzen Länge gleichbreite Feilen zum Abrunden (Wälzen) der Zähne kleiner Räder. – Vogelzungen sind spitze Feilen mit bikonvexem Querschnitt (Fig. 8). Die Krümmungsradien der beiden Bogenflächen sind gewöhnlich verschieden. – Runde Feilen mit kreisförmigem Querschnitt und nur einem Hieb, nach Fig. 7, laufen stets spitz zu und dienen zum Ausfeilen runder Löcher oder kurvenförmiger Ausschnitte. Kleine runde Feilen heißen Rattenschwänze. Zu besonderen Zwecken werden Fasson- oder Profilteilen mit überall gleichem profilierten Querschnitt angewendet. Außerdem haben die verschiedenen Gewerbe besondere Feilen für bestimmte Arbeiten. So gebraucht der Uhrmacher zum Bearbeiten der Lücken zwischen den Räderzähnen die dünnen und flachen Ausstreichfeilen (s.d.), zum Ausfeilen der Einschnitte an Scharnieren die flachen Scharnierfeilen mit abgerundeten oder ausgehöhlten, mit Hieb versehenen Schmalseiten, während die breiten Seiten glatt sind, zum Bearbeiten der Ansätze von Zapfen die Zapfen- oder Ansatzfeilen, deren Schmalseiten gegen die Breitseiten etwas geneigt sind, um die Ecken schärfer ausfeilen zu können; ferner die Steigradfeilen, deren Querschnitt Fig. 9 zeigt, und die Flankier- oder Triebfeilen, die den Messerfeilen gleichen, jedoch keine Spitze haben, zum Bearbeiten der Zahnflanken an Getrieben. Zum Wälzen oder Abrunden von Radzähnen gebraucht der Uhrmacher auch eine Feile mit einem Querschnitt nach Fig. 10. – Zapfenpolierfeilen zum Polieren der seinen Drehzapfen erhalten keinen Hieb, sondern greifen das Werkstück nur durch die seinen auf dem Schleifstein erzeugten Risse an. Nadel- oder Federfeilen sind seine behauene Stäbchen ohne Griff zur Bearbeitung seiner Einschnitte oder Zapfenlöcher. – Ueber Backenseiten s.d. – Der Schlosser gebraucht zum Ausfeilen geschweifter Schlüssellöcher Schweiffeilen; zum Ausarbeiten von Vertiefungen werden verschieden gebogene Feilen gebraucht. Der Gold- und Silberarbeiter bedient sich der Liegefeile, einer breiten flachen festliegenden Feile, auf der das Arbeitsstück hin und her bewegt wird. – Stoßfeilen mit schräg eingeteilten Einschnitten haben die Drechsler zur Bearbeitung von Horn, Knochen, Elfenbein. Das Feilen geht in Schleifen und Polieren über, wenn Schmirgel oder ein andres Schleifmittel mit Hilfe eines Holzstabes, der mit Leder (Lederfeile) beklebt ist, zum Glätten von Metallgegenständen benutzt wird. Statt des Holzstabes nimmt man auch Stäbe aus Zinn, Kupfer, Zink, Blei (Metall- oder Kompositionsfeilen), auf die das Poliermittel aufgetragen wird. – Scheiben- und ringförmige Feilen, gegen die das Werkstück gehalten wird, während sie sich schnell drehen, sind die Spitzringe (s.d.), die früher zum Anseilen der Nadelspitzen, heute besonders zum Anspitzen von Drahtspitzen verwendet werden.

Um an Kosten für Feilen zu sparen, sind zusammengesetzte Feilen, sogenannte Bezugsfeilen, konstruiert worden, bei denen auf jede Seite eines festen, mit Griff versehenen eisernen Halters dünne, mit dem Feilenhieb versehene Stahlplatten gelegt und durch Haltestifte befestigt sind, gewöhnlich in der Weise, daß die Stahlplatten durch eine Verschraubung fest angezogen werden können. Die dünnen Feilen werden nach einem Verfahren der Firma Meyer, Focke & Co., Radeberg i. S., aus einem inneren Eisenblech, auf das im schweißglühenden Zustande zwei äußere Stahlbleche aufgewalzt werden, hergestellt. Beide Seiten werden mit Hieb versehen, so daß eine solche Feile vier Feilflächen hat. Diese Blätter sind so elastisch, daß sie sich über den gewölbten Feilenhalter biegen lassen, auch gestatten sie eine höhere Härtung als massive Feilen. – Dieselbe Firma verwendet ferner statt der eisernen Feilenhalter der größeren Leichtigkeit halber einen solchen aus Holz, der zuweilen, um eine große Fertigkeit zu erzielen, aus zwei in der Mitte hohl gegeneinander liegenden Stäben besteht.

Hohle, auf der Innen- und Außenseite mit Hieb versehene Feilen werden nach D.R.P. Nr. 113414 aus zwei oder mehreren Stücken zusammengesetzt und zeichnen sich durch große Leichtigkeit aus. Die innere Seite dient zum Anseilen oder Zuspitzen dünner Gegenstände.


Literatur: Wildner, Fr. O., Handbuch der Feilenkunde, Düsseldorf 1884; Kataloge der Firmen Gottlieb Corts, Feilenfabrik, Remscheid, Kaibel & Sieber, Maschinenfabrik, Worms a. Rh., F. Dick, Eßlingen u.a.

Dalchow.

Fig. 1., Fig. 2., Fig. 3.
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Fig. 4.
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Fig. 5., Fig. 7.
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Fig. 6., Fig. 8., Fig. 9., Fig. 10.
Fig. 6., Fig. 8., Fig. 9., Fig. 10.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 669-671.
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