Frischwassererzeuger [1]

[196] Frischwassererzeuger, Apparate zur Herstellung salzfreien Speisewassers aus Seewasser als Ersatz des durch Undichtigkeiten während des Betriebes verloren gegangenen Speisewassers (Zusatzwasser) für die Schiffskessel. Da das Speisewasser durch Verdampfung von Seewasser erzeugt wird, so heißen diese Apparate auch Verdampfer, Evaporator oder Speisewassererzeuger.

Der entstehende salzfreie Dampf wird den Kesselspeisevorrichtungen oder dem Vorwärmer (s.d.) zugeführt. Die Verdampfer sind daher meist mit den Kondensatoren der Schiffsmaschine in Verbindung gebracht. Das zu verdampfende Meerwasser wird dem Kühlwasser der Kondensatoren entnommen, während der heizende Dampf aus dem Dampfmantel oder einer Zwischenkammer der Maschine kommt. Auf diese Weise werden die Zylindermäntel ständig entwässert und mit frischem Dampf versehen. Die Verdampfung des Seewassers kann unter Druck oder unter Vakuum geschehen; ersteres ist zu empfehlen, da die Verdampfer dann weniger leicht überkochen und die Salzlauge selbsttätig ablaufen kann. Die Verwendung von destilliertem, d.h. durch Frischwassererzeuger hergestelltem Zusatzwasser ist für die modernen Wasserrohrkessel mit hoher Dampfspannung bedingt. Die Leistung der Speisewassererzeuger wird auf etwa 5 t in 24 Stunden für je 1000 PSi bemessen [3], [4].

Der Verdampfer von Weir besteht in der Hauptsache aus einem kleinen Hilfskessel, der statt mit Kohlen durch Dampf, welcher der Zwischenkammer zwischen Hoch- und Niederdruckzylinder entnommen wird, geheizt wird. Der Kessel wird durch eine Strahlpumpe mit Meerwasser gespeist, und der größere Teil der Niederschläge wird durch den Oberflächen- bezw. Grundhahn aus dem Kessel ausgeblasen. Der aus dem Seewasser entstehende Dampf wird teilweise[196] zum Frischen des Dampfes im Niederdruckzylinder verwertet, teilweise in den Kondensator geleitet [1]. – Der Yarian-Verdampfer basiert darauf, daß das zu verdampfende Wasser in seinen Strahlen eingeführt und daß der entstehende Dampf zur Verdampfung des nicht verdampften Wassers weiter benutzt wird. Er besteht dementsprechend aus zwei Verdampfern und zwei dazwischengeschalteten Wasserkammern. Der eine Verdampfer ist, um die Verdampfung zu verstärken, mittels Rohrleitung und Ventil derart mit dem Hauptkondensator verbunden, daß in demselben nur die halbe Luftleere des Maschinenkondensators herrscht, während der andre Verdampfer die ganze Luftleere des Kondensators erhält [1]. – Der Verdampfer von Pape, Henneberg & Co. (s. die Figur) besteht aus einem aufrecht stehenden kupfernen Kessel, dessen Wasser ähnlich dem Weirschen durch Heizdampf verdampft wird. Der Heizdampf geht durch ein schlangenförmig laufendes System von 8-förmig geformten kupfernen Rohren, die derartig an eine bronzene Rohrplatte befestigt sind, daß sie zur Reinigung bequem aus dem Kessel herausgenommen werden können. Das zu verdampfende Wasser füllt den Kessel bis zu ein Drittel der Höhe. Der erzeugte Dampf muß durch gelochte Querplatten gehen, damit die Lauge besser abgeschieden wird; letztere wird durch einen Grundhahn abgelassen. Eine kleine Dampfpumpe fördert sowohl Seewasser in den Verdampfer als auch Kühlwasser in den Kondensator [2]–[4] – Weitere Verdampfer sind durch Morison, Kirkaldy und Niemeyer sowie Jones angegeben. Letzterer wird nicht durch Dampf geheizt, sondern durch die abziehenden Heizgase, und ist dementsprechend im Schornsteinhalse des Kessels placiert.

Die Verdampfer liefern im Durchschnitt mit 1 kg Heizdampf bis zu 7 kg destilliertes Wasser. Die Verwendung des Hilfskessels als Verdampfer ist nur ein Notbehelf und wirkt unökonomisch.


Literatur: [1] Busley, C., Die Entwicklung der Schiffsmaschine, Berlin 1892. – [2] Huber, Ueber die Mittel zur Herstellung genußfähigen Wassers aus Meerwasser, Marine-Rundschau, Berlin 1898. – [3] Dick und Kretschmer, Handbuch der Seemannschaft, Berlin 1902. – [4] Klamroth, Leitfaden für den Unterricht in der Maschinenkunde, Berlin 1902.

T. Schwartz.

I Verdampfer, II Querschnitt
I Verdampfer, II Querschnitt
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 196-197.
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196 | 197
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