Gaserzeuger

[289] Gaserzeuger, Apparate, die zur Darstellung von Ballonfüllgasen (Wasserstoffbereitung) dienen. Man unterscheidet stationäre und fahrbare Gaserzeuger. Erstere werden auf den sogenannten Ballonstationen eingerichtet, letztere finden in den feldmäßigen Ballontrains Verwendung. Ihre Konstruktion richtet sich im wesentlichen nach der zugrunde liegenden Methode der Wasserstoffbereitung.

Zur praktischen Ausführung im großen gelangten:

A. An stationären Apparaten. 1. Die Darstellung durch Durchleiten von Wasserdampf durch mit Eisenfeilspänen gefüllte Röhren (Coutelle 1794 [1]). 2. Darstellung aus verdünnter Schwefelsäure und Zink- oder Eisenfeilspänen. 3. Das Tonnensystem. Entwicklung in mehreren dichten Tonnen, Durchleiten des Gases durch einen mit Wasser gefüllten Wäscher und durch einen mit Aetzkali oder Aetznatron gefüllten Trockner (Charles 1784, Dupuy de Lôme 1872 u.a. [1], [2]). Diese primitive Methode verbesserte Giffard 1877, indem er an Stelle der vielen Tonnen einen großen Entwicklungsapparat setzte und durch fortgesetztes Zupumpen verdünnter Säure und Abziehen des sich bildenden Sulfates die Entwicklung des [289] Gases selbst beschleunigte [3]. Weitere Verbesserungen dieser Methode bewerkstelligten Tissandier und Renard. Letzterer führte eine neue automatische Mischungsart des Wassers und der Schwefelsäure bei seinem Apparat ein [4], [5]. Die Darstellung aus Zink bezw. Eisen und Salzsäure legte 1888 Egasse in Paris seinem Apparat zugrunde [1], 4. Neuerdings wendet man sich bei stationären Apparaten mehr und mehr der Wasserstoffdarstellung durch Elektrolyse des Wassers zu. 5. Die Darstellung aus Aluminiumblech und Kali- bezw. Natronlauge wurde seitens der russischen Militärluftschiffer in der Mandschurei benutzt. Die Gasentwicklung ist eine schnelle, die Kosten sind aber verhältnismäßig hohe [7].

B. An fahrbaren Gaserzeugern. 1. Auf dem Prinzip ad A. 2. beruhend, konstruierten Renard, Lachambre und Yon jeder einen fahrbaren, für den Feldkrieg bestimmten Gaserzeuger. Der Apparat von Yon möge als Typ hierunter näher erläutert werden (s. Fig. 1 und 2). Seine Hauptteile sind: der Erzeuger A, der Wäscher B und die beiden Trockner C, C. Der Erzeuger, ein zylindrischer, nach unten konisch verlaufender Kessel aus innen verbleitem Eisenblech, hat einen kleinen, oben hydraulisch abgeschlossenen zylindrischen Aufsatz D, welcher zur Aufnahme des Eisens oder Zinks dient, das durch seine Schwere mit der zunehmenden Zersetzung des im Entwicklungsraum befindlichen Metalls von selbst nachsinkt. Die verdünnte Schwefelsäure wird durch die Oeffnung E in den Entwickler hineingepumpt, das Sulfat fließt aus einem Syphon bei F durch einen Schlauch ab. Das Gas wird durch die Rohrleitung G in den Wäscher übergeführt, durch welchen beständig Wasser durchgepumpt wird, das mit seinem Sprühregen das Gefäß durchspritzt. Das Gas geht alsdann durch die Verbindung H in die Trockner, deren einer mit Aetznatron, der andre mit Chlorkalk gefüllt ist, um endlich durch einen Schlauch bei J in den Ballon überführt zu werden. Die Leistungsfähigkeit dieses Gaserzeugers[290] belief sich auf 180 cbm Gas pro Stunde. Renards Apparat ist schwerfälliger durch Anbringung zweier großen Entwickler aus innen verzinntem Kupferblech; er soll 300 cbm Gas pro Stunde liefern. Lachambre hat unter Berücksichtigung der großen Abnutzung und der leichten Verletzbarkeit der Entwickler bei seiner Konstruktion deren vier angebracht [1], [5]. 2. Die Darstellungsmethode der Wasserstoffbereitung aus Zinkstaub und Kalkhydrat legten Majert und Richter in Berlin ihrem fahrbaren Gaserzeuger zugrunde. Ihr Apparat war ein fahrbarer Ofen, in welchem eine größere Anzahl horizontal gelagerter eiserner Rohre stark erhitzt werden konnten. Diese Rohre dienten zur Aufnahme der aus Eisenblech gefertigten Gaspatronen, die das Gemisch der obigen Chemikalien enthielten. Die Gasentwicklung trat sofort mit Erwärmung der Patronen ein. Das Gas wurde durch eine Wasservorlage als Abschluß der eisernen Entwicklungsrohre in den Füllschlauch des Ballons geführt. 3. Die Darstellung der Ballonfüllgase aus Aluminium zu A. 5. wurde von den Russen feldmäßig konstruiert, um sie auf Karren oder Saumtieren verladen überallhin verwenden zu können [7].

Die neuerdings übliche Mitführung komprimierten Gases in Gasflaschen hat die Weiterentwicklung von Gaserzeugern einstweilen zum Stillstand gebracht [6].


Literatur: [1] Moedebeck, Taschenbuch für Flugtechniker, Berlin 1904. – [2] Dupuy de Lôme, Note sur l'aérostat à hélice, mémoire de l'Académie des sciences, Bd. XL, 1892. – [3] Tissandier, G., Le grand ballon captif à vapeur de M. Henry Giffard, Paris 1878. – [4] Ders., Les ballons dirigeables, Paris 1885. – [5] Revue de l'aéronautique, Paris 1889. – [6] Espitallier, G., L'hydrogène et ses applications en aéronautique, L'électrolyse de l'eau, Paris 1891. – [7] Illustrierte Aeronautische Mitteilungen, Straßburg i. E. 1897–1906.

Moedebeck.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 289-291.
Lizenz:
Faksimiles:
289 | 290 | 291
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Lueger-1904: Würth-Gaserzeuger

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Das neue Lied und andere Erzählungen 1905-1909

Das neue Lied und andere Erzählungen 1905-1909

Die Sängerin Marie Ladenbauer erblindet nach einer Krankheit. Ihr Freund Karl Breiteneder scheitert mit dem Versuch einer Wiederannäherung nach ihrem ersten öffentlichen Auftritt seit der Erblindung. »Das neue Lied« und vier weitere Erzählungen aus den Jahren 1905 bis 1911. »Geschichte eines Genies«, »Der Tod des Junggesellen«, »Der tote Gabriel«, und »Das Tagebuch der Redegonda«.

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon