[538] Ballon (Luftballon, ältere Bezeichnung Luftball), ein meist kugel- oder birnenförmiger Stoffsack, der mit einem leichteren Medium als die atmosphärische Luft gefüllt, aeronautischen Zwecken dienen soll.
Man unterscheidet nach ihrer Füllung Gasballons oder Warmluftballons (s. Montgolfièren) und als Vereinigung dieser beiden Rozièren. Nach der Verwendung teilt man die Ballons ein in Freiballons, die zu Freifahrten dienen, und in Fesselballons zu Fesselfahrten. Ferner unterscheidet man zwischen bemannten und unbemannten Ballons. Zu letzteren rechnen Registrierballons (Ballonsonden), das sind zur Höhenforschung nur mit Registrierinstrumenten versehene kleine Ballons, die bis 21000 m aufsteigen können, und Pilotenballons, die man zur Bestimmung der Windrichtung in der Fahrthöhe bei Freifahrten voraussendet. Endlich unterscheidet man nach der besonderen Konstruktion Ballonetballons, Fallschirmballons, Reklameballons u.s.w. Sogenannte lenkbare Ballons werden Luftschiffe (franz. aéronat) genannt. Als Füllgase sind Leuchtgas, Wasserstoffgas und erwärmte Luft in Gebrauch. Die Ballons können aus jedem dicht gewebten, dauerhaften Stoff oder aus Goldschlägerhaut gefertigt werden. Man wählt vornehmlich feinfadige sächsische oder Elsässer Perkale oder Seide, besonders die billigere Pongheeseide. Außer auf Festigkeit des Gewebes nach Schuß und Kette kommt es auf dessen Dichtigkeit und Leichtigkeit an. Zum Gasdichtmachen wird besonders baumwollener Stoff oft gummiert und vulkanisiert. Seide dagegen wird mit Leinölfirnis gedichtet. Diese Dichtungsart läßt sich bei allen Ballonstoffen anwenden; die Ausführung erfordert indes große Sorgfalt, um sowohl die völlige Dichtung als auch eine gute Oxydation des Ballonfirnis herbeizuführen. Der Ballonfirnis besteht hauptsächlich aus eingekochtem Leinöl mit geringen Zusätzen von Bleiglätte oder Braunstein. Goldschlägerhautballons sind ziemlich gasdicht und werden nur gegen Luftfeuchtigkeit durch Oelen geschützt. Sobald man sich klar ist über die Größe, die der Ballon haben muß bezw. haben soll, schreitet man zur Konstruktion der Ballonbahn, d.h. eines der zahlreichen Meridianschnitte, aus denen die Ballonhülle zusammengenäht oder zusammengeklebt wird. Die Berechnung erfolgt am einfachsten auf Grund einer genauen Zeichnung des Ballonquerschnittes in angemessenem Maßstabe auf quadriertem Papier. Dem Ballon wird die Kugelform zugrunde gelegt, die unten übergeht in einen schlauchartigen Teil, den Füllansatz, Appendix oder Anhängsel. Dieser Füllansatz kann entweder direkt an die Kugelform angesetzt werden oder durch Vermittlung einer mehr oder weniger gebuchteten Kegelform, die dem Ballon ein mehr birnenartiges Aussehen gewährt. Die Kontur des Ballons, die man auf diese Art in der Zeichnung festlegt, wird sodann entweder theoretisch durch gleiche Winkelteilung im Kugelteil und Uebertragung der hierbei entstehenden Bogenlängen auf die Kontur des Kegel- und Zylinderteils oder durch direktes Abmessen gleicher Längen auf der Kontur der Zeichnung in eine beliebige Anzahl gleicher Teile geteilt. Von den Teilpunkten der Kontur aus werden sodann nach der gedachten Mittelachse des Ballons Senkrechte gezogen und genau gemessen. Letztere stellen die Radien der Umfänge dar, die der Ballon in verschiedenen Breiten[538] besitzt. Diese Umfange rechnet man nun aus und teilt sie sodann durch das Breitenmaß des aus dem Handel bezogenen Ballonstoffes. Hierbei sind für die Nähte für beide Seiten zusammen etwa 34 cm in Abzug zu bringen. Die so erhaltenen Zahlen werden zur Herstellung des Schnittmusters oder der Schablone benutzt, die man aus guter Pappe fertigt. Die Schablone wird, nach Abtragung der ermittelten Breitenabmessungen in richtiger Reihenfolge und richtigen Abständen auf parallele Geraden, halbiert durch eine senkrechte Mittellinie von der Länge eines Ballonmeridians, konstruiert und nach Zeichnung der durch die Endpunkte jener Parallelen dargestellten Kurven ausgeschnitten. Man zerlegt sie in mehrere gleiche Zuschnittstücke. Für regelrechte Kugelballons braucht man nur 1/2 Ballonmeridian als Musterlänge. Der zugeschnittene Ballonstoff wird zunächst zu Bahnen, dann zur Kugel mittels der französischen Kappnaht zusammengenäht. Im oberen Teil wird ein Kreisloch für das Ballonventil ausgeschnitten. Letzteres wird gut gesäumt und je nach Größe des Ballons durch doppelte bis vierfache Stoffunterlage und -auflage ringsherum besonders verstärkt. In ähnlicher Weise findet eine Stoffverstärkung um den Füllansatz herum statt. Das Ballonventil dient zum Herauslassen des Füllgases, wenn es oben in der Ballonhülle angebracht ist. Unten im Füllansatz eingebunden, Füllansatzventil, ist es besonders bei Fesselballons in Gebrauch, um dem Herausfließen des Gases bei Pendelungen und dem Herauspressen desselben durch Winddruck etwas entgegenzuarbeiten. Vielfach wird es auch bei Freiballons angewendet, um ein Einsaugen von Luft beim Steigen eines schlaff gewordenen Ballons zu behindern. In jedem Falle muß das Füllansatzventil so empfindlich konstruiert sein, daß es sich bei einer Gasspannung im Balloninnern, welche die Ballonhülle noch ohne Gefahr aushalten kann, automatisch öffnet. Bei älteren Ballons, deren Stoff nicht mehr zuverlässig die ursprüngliche Gasspannung aushält, tut man gut, bei Freifahrten das Füllansatzventil fortzulassen und mit offenem Appendix zu fahren. Die Ballonventile bestehen zumeist aus einem leichten, gasdichten Teller, der mittels Federkraft gegen einen Ring gedrückt wird. Die Gasdichte wird hierbei durch Eindrücken einer Metallkante in einen Gummiring oder durch Aufeinanderdrücken von Gummi- und Holzflächen mannigfacher Konstruktionen erreicht (s. die Figur). Der Ventilring des oberen Gasauslaßventils besteht gewöhnlich aus einem oberen und einem unteren Ventilkranz. Zwischen beide legt sich dann mit Zwischenlagen von Gummikränzen der Stoffrand des Ventilloches der Ballonhülle. Durch Schraubenbolzen werden beide Ventilkränze fest zusammengezogen und mit der Ballonhülle gasdicht verbunden. Der Ventilzug geschieht mittels einer Ventilleine, die durch den Ballon hindurch nach dem Ballonkorb heruntergeführt wird. Um den Zug der Last auf den Ballon gleichmäßig zu verteilen, wird derselbe zunächst mit dem Ballonnetz versehen (s. Ballongurt). Dasselbe wird der Ballonform gemäß gestrickt, die rautenförmigen Maschen sind am Ballonäquator am größten und nehmen nach den Polen hin allmählich ab. Ihre Abmessungen erhält man, indem man in derselben Weise wie bei Berechnung der Ballonbahn eine Netzbahn berechnet und die Rautenmaschen in dieselbe hineinzeichnet. Es kann die Schablone der Ballonbahn hierzu benutzt werden, weil es sich beim Netz nur um das Abgreifen der aufgezeichneten Maschenlängen und der Maschenanzahl handelt. Unterhalb des Ballonäquators geht das Netz bald in einen kegelförmigen Teil über, in dem die einzelnen Maschen allmählich zu weniger und größeren Maschen vereinigt werden, die ihrer Form entsprechend kleine, mittlere und große Gänsefüße benannt werden. Von letzteren gehen dann einfache Auslaufleinen aus, die am Ballonringe angeknebelt werden. Das Netz wird auf einer Strickbank oder auf Maschenbrettern gestrickt. Der Ballonring aus Holzfurnierung oder aus Metallrohr vermittelt die Verbindung zwischen Ballonhülle und Ballonkorb. Er dient ferner zur Befestigung des Schleiftaues oder des Schlepptaues, der Ankervorrichtungen und der Fesselung bei Fesselballons. Er bildet den unteren Abschluß des Netzes. In Höhe des Ballonäquators oder besser etwas oberhalb des letzteren wird bei größeren Ballons noch ein Haltenetz in Gänsefußsystem angesplißt, das in Halteleinen ausläuft. Der Ballonkorb besteht aus einem Weiden- und Rohrgeflecht mit eingeflochtenen Korbstricken, die an den Ballonring angeknebelt werden. Die kantige Korbform ist der zylindrischen vorzuziehen. Zur Ballonausrüstung und zum Ballonzubehör gehören ferner Ballastsäcke, ein Verpackungsplan, eine Sicherheitslampe für Nachtfahrten, Instrumente und Karten. Zur Füllung mit Gas braucht man Unterlagepläne, Gasschläuche aus Ballonstoff, Gastüllen zur Verbindung der Gasschläuche untereinander bezw. mit dem Füllansatz des Ballons, und endlich bedarf man eines Ventilators zum Auslüften vor Untersuchung der Ballonhülle nach jeder Inanspruchnahme. Apparate zur Darstellung von Füllgasen, s. Gaserzeuger.
Literatur: [1] Moedebeck, Taschenbuch für Flugtechniker und Luftschiffer, Berlin 1904. [2] Illustrierte Aeronautische Mitteilungen 18971904. [3] Zeitschrift für Luftschiffahrt 1882 bis 1900.
Moedebeck.
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