Perpetuum mobile

[69] Perpetuum mobile, eine Vorrichtung, welche, nachdem sie einmal in Bewegung gesetzt wäre, diese Bewegung ohne neue Einwirkung von außen immerfort behalten würde. Von der Abnutzung des Materials ist dabei abgesehen.

Jahrhundertelang bemühten sich berufene und unberufene Köpfe, eine solche Vorrichtung zu ersinnen, worüber eine ausgedehnte Literatur entstand, aus der unten einige Beispiele angeführt sind [1], [2], [4]. Nach und nach brach sich die Erkenntnis Bahn, daß jede Bewegung durch Reibung und sonstige Widerstände mit der Zeit erschöpft werden müsse, und 1775 erklärte die Pariser Akademie, vermeintliche Lösungen des Perpetuum mobile nicht mehr anzunehmen [3]. Auch dann galt noch keineswegs allgemein ein Perpetuum mobile für bedingungslos ausgeschlossen [4], [8]; mitunter kam man indirekt wieder auf ein solches. So ging Carnot bei der Begründung des zweiten Hauptsatzes der Wärmetheorie von der Unmöglichkeit eines Perpetuum mobile aus [6], S. 21, kam aber infolge Behandlung der Wärme wie eines Stoffes zu Resultaten, welche ein Perpetuum mobile möglich machen würden, indem die Wärme beim Uebergang von höherer zu niedrigerer Temperatur, ohne selbst abzunehmen, Arbeit leisten sollte [6], S. 10, 37. Die richtige Fassung des zweiten Hauptsatzes wurde dann von Clausius gegeben [9] (vgl. Clausiusscher Grundsatz, Bd. 2, S. 471). Hirn vertrat noch 1858 die Ansicht, daß eine expansionslos betriebene Dampfmaschine ohne Aufwand von Wärme Arbeit leisten könne [10]. Erst mit der vollständigen Klarlegung und Bestätigung des anfangs der vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts durch Robert Mayer entdeckten Prinzips von der Erhaltung der Energie (s. Bd. 3, S. 449) wurde die Unmöglichkeit der Herstellung eines Perpetuum mobile allseitig anerkannt. Bezüglich der Frage, ob das Weltall ein Perpetuum mobile darstelle, worauf man sich mitunter berufen hatte [8], s. Entropie.


Literatur: [1] Gründlicher Bericht von dem durch Herrn Orffyreum glücklich inventirten Perpetuo-mobili, Leipzig 1715; Acta eruditorum, Leipzig 1715, S. 46. – [2] Neumann, Plan zur Erfindung derjenigen Maschine, welche in der Mechanik das Perpetuum mobile genannt wird, Lübeck 1767. – [3] Mémoires de l'Académie 1775, S. 65. – [4] Hantsche, Nachricht von einer Maschine, die in einem Perpetuum mobile besteht, Dresden 1790. – [5] Montucla, Histoire des mathématiques, Paris 1799–1802 (III, S. 813). – [6] Carnot, Reflexions sur la puissance motrice du feu, Paris 1824. – [7] Poppe, Wunder der Mechanik, III, Tübingen 1832, S. 29. – [8] Gehler, Physikalisches Wörterbuch, VII, Leipzig 1833 (Artikel Perpetuum mobile von Muncke). – [9] Clausius, Ueber die bewegende Kraft der Wärme und die Gesetze, welche sich daraus für die Wärmelehre selbst ergeben, Poggendorffs Annalen 1850, LXXIX, S. 368, 500. – [10] Hirn, Recherches sur l'équivalent mécanique de la chaleur, Colmar 1858, S. 160, 196 u.s.w. – [11] Dirks, Perpetuum mobile, London 1861, Fortsetzung 1870. – [12] Daul, Das Perpetuum mobile, Wien 1899.

Weyrauch.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 69.
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