Saccharin

[537] Saccharin (Anhydrosulfaminbenzoesäure, Benzoesäuresulfinid),


Saccharin

das Imid der o-Sulfobenzoesäure, jener von J. Remsen und C. Fahlberg entdeckte Süßstoff, Prismen vom Schmelzpunkt 220°, der etwa 500mal süßer als Rohrzucker ist und in großen Mengen technisch hergestellt wird.

Zu seiner Darstellung wird nach Fahlberg Toluol durch Erwärmen mit Schwefelsäure auf höchstens 100° in die Monosulfosäuren übergeführt und diese nacheinander in die Calciumsalze, Natriumsalze und schließlich durch Chlorphosphor in die Sulfochloride umgewandelt. Das Gemisch der entstandenen Chloride wird durch Abkühlen getrennt. Das der p-Säure kristallisiert aus, das der o-Säure bleibt flüssig und wird durch Abschleudern gewonnen. Das o-Sulfochlorid


Saccharin

wird durch Ueberleiten von trockenem Ammoniakgas oder durch Mischen mit Ammoniumkarbonat in das in Wasser schwer lösliche Sulfamid


Saccharin

übergeführt und dieses, durch Auswaschen mit Wasser von dem entstandenen Salmiak befreit, mit verdünnter, stets neutral zu haltender Kaliumpermanganatlösung zur o-Benzoesulfaminsäure


Saccharin

oxydiert, die als Kaliumsalz in der wässerigen Lösung bleibt. Auf Zusatz von Säure scheidet sich aus dieser Lösung nicht die o-Benzoesulfaminsäure, sondern deren Anhydrid, das Saccharin, ab. Das Rohsaccharin besteht etwa nur aus 60% Saccharin und aus 40% p-Sulfaminbenzoesäure. Da das Saccharin in Wasser schwer löslich ist, so wird auch das Natriumsalz


Saccharin

dargestellt, das in Wasser leicht löslich und etwa 400mal süßer als Rohrzucker ist. Anfangs wurde, nachdem seine Unschädlichkeit für den menschlichen Organismus erkannt war, das Saccharin im Nahrungsmittelgewerbe vielfach als Zuckerersatz verwendet. In den Bierbrauereien wurde es, wie durch diesbezügliche Nahrungsmittelprozesse an die Oeffentlichkeit gekommen ist, zur Herrichtung mißratener Sude da und dort benutzt. Es sollte ferner schwach eingesottenes Bier vollmundiger machen. Als die Nahrungsmittelkontrolle gegen diese Pantscherei einschritt, versuchte man es als Konservierungsmittel in die Brauereien einzuführen. Die einfachste Methode, das Saccharin in Zucker, Syrupen, Wein u.s.w. nachzuwerfen, ist die Geschmacksprobe an dem durch Ausschütteln der geeignet vorbereiteten Materialien mit Aether erhaltenen Aetherabdampfungsrückstand. Eine weitere Prüfung ist Ausschütteln mit einer Mischung von Aether und Petroläther, Behandeln des Aetherabdampfungsrückstandes mit Natronlauge, Eindampfen zur Trockene, Erhitzen auf 220–250° C. und Nachweis des gebildeten Natriumsalizylates und -sulfates. Das reine Saccharin bildet kleine weiße, in etwa 400 Teilen Wasser lösliche Kristalle mit schwach saurer Reaktion. In siedendem Wasser 1 : 30 löslich, in Alkohol 1 : 30, in Aether 1 : 100. Das Saccharin geht auch unter andern Namen, wie Kristallose, Monnets Süßstoff, Sykorin, Sykose, Dulcin. Den Verkehr mit solchen Süßstoffen hat man gesetzlich geregelt. Sein Bezug ist erschwert, der Verkauf nur den Apotheken vorbehalten. Seine Herstellung ohne Konzession ist verboten, ferner seine Verwendung bei der Herstellung von Nahrungs- und Genußmitteln sowie seine Einfuhr und die Einfuhr saccharinhaltiger Nahrungsmittel aus dem Auslande. Anwendung: als Zuckerersatz für Diabetiker.


Literatur: Fischer, F., Handbuch der ehem. Technologie, Leipzig 1893, S. 731; Beilstein, Handbuch der organ. Chemie, 3. Aufl., Hamburg und Leipzig 1896, Bd. 2, S. 1296; Schmidt, Pharm. Chemie, Braunschweig 1901; Bujard-Baier, Hilfsbuch für Nahrungsmittelchemiker, Berlin 1900; Süßstoffgesetz vom 7. Juli 1902 (Reichsgesetzblatt S. 253).

Bujard.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 537.
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