Saccharīn

[362] Saccharīn (Orthosulfamidobenzoesäureanhydrid, Benzoesäuresulfinid) C7H5NSO3 oder Bild im Fließtext wird aus dem Toluol des Steinkohlenteers dargestellt und bildet farb- und geruchlose kleine Nadeln, löst sich schwer in Wasser, leichter in Alkohol und Äther und schmilzt bei 220°. Seines sehr intensiv süßen Geschmackes halber wird das 1879 von Fahlberg entdeckte S. seit 1886 im großen dargestellt. Das zuerst in den Handel gebrachte S. enthielt auch Para- und wenig Melasulfamidobenzoesäure, und 1 Teil dieses Präparats kam an Süßigkeit 300 Teilen Rohrzucker gleich. Reines (raffiniertes) S., das nur aus der Orthoverbindung besteht, besitzt die 500fache Süßigkeit des Rohrzuckers. Auch die Salze des Saccharins schmecken rein süß, und die Alkalisalze sind sehr leicht löslich. Die Natriumsalze beider Präparate Bild im Fließtext bilden das leichtlösliche S. und das leichtlösliche raffinierte S.; sie sind 400mal süßer als Rohrzucker. S. wirkt schwach antiseptisch, ist auch in verhältnismäßig großen Dosen unschädlich und passiert unzersetzt den Organismus. Als Nahrungsmittel kann es den Zucker selbstverständlich nicht ersetzen, aber es ist überall brauchbar, wo es nur auf den süßen Geschmack des Zuckers, nicht auf seinen Nährwert ankommt, wie bei der Darstellung von Likören, Limonade, Fruchtkonserven, Mostrich, in der Bierbrauerei, Bäckerei, Konditorei und zum Versüßen von Stärkezuckersirup. Auch als Geschmackskorrigens bei Arzneien (Chinin) und als Ersatz des Zuckers bei Diabetes, Fettleibigkeit, Gicht und Magenkrankheiten ist es verwendbar. Beim Schmelzen von S. mit Diäthylamidophenol entsteht Sacchareïn, das ähnlich wie Rhodamin färbt. Zum Schutz der Zuckerindustrie ist die Einfuhr von S. vielfach mit hohem Zoll belegt. Durch das deutsche Gesetz vom 6. Juli 1898 wurde die Verwendung künstlich er Süßstoffe (auf künstlichem Wege gewonnene Stoffe, die eine höhere Süßkraft als raffinierter Zucker, aber nicht entsprechenden Nährwert besitzen) bei der Herstellung von Nahrungs- und Genußmitteln erheblich eingeschränkt. Das Gesetz vom 7. Juli 1902 verbot die Herstellung von Süßstoffen, ihre Verwendung bei Herstellung von Nahrungs- oder Genußmitteln, ihre Einführung, Feilhaltung und den Verkauf überhaupt. Dies Gesetz trat 1. April 1903 in Kraft. Näheres s. Süßstoffe. In Österreich ist die Verwendung von S. durch Ministerialverordnungen vom 20. April 1898 noch mehr eingeengt als nach dem deutschen Gesetz. Vgl. Stutzer, Das Fahlbergsche S. (Braunschw. 1890).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 362.
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