Sanatorium

[566] Sanatorium (Heilstätte), ein Sonderkrankenhaus zur Bekämpfung verbreiteter Krankheiten und Seuchen, vor allem der Lungenschwindsucht, Drüsenkrankheiten und Nervenschwäche.

Ebenso wie die Genesungsheime (s. Krankenhaus, Bd. 5, S. 678) entstanden sind aus der Notwendigkeit, die allgemeinen Krankenhäuser zu entlasten und die ansteckenden Krankheiten in besonderer Behandlung intensiver zu bekämpfen [1]–[3], haben sich die Sanatorien, sowohl die von berühmten Aerzten gegründeten Heilstätten, wie Görbersdorf, Falkenstein, Davos u.s.w., als auch die öffentlichen, vom Staat [10] (Fig. 1 und 2) oder von Städten [4], [7]–[9] errichteten Anstalten für weite Volkskreise als eine Quelle heilsamster Wirkung erwiesen. Ebenso sind die Landesversicherungsanstalten zu erwähnen, die mit den ihnen zufließenden großen Geldmitteln zur Förderung der Gesundung der Arbeiterbevölkerung eintreten [11]. Außer den bei den Krankenhäusern (s.d.) entwickelten Gesichtspunkten in technischer Hinsicht sind bei Errichtung dieser Heilstätten, besonders bei solchen für Lungenkranke [1], folgende Bedingungen einzuhalten:

1. Günstige klimatische Lage auf dem Lande, wenn tunlich in waldiger, staubfreier, hochgelegener Gegend.

2. Schutz gegen ungünstige, besonders gegen rauhe Nord-, Nordost- oder Nordwestwinde; dagegen frei nach Süden gelegen für viel Sonnenlicht.

3. Aufenthalt der Kranken im Freien den ganzen Tag über, und selbst in der Nacht, durch Anlage großer Liegehallen gegen Süden.

4. Nähe des Waldes, am bellen eines Fichtenwaldes mit seinem Harzdüfte und möglichst ebenen Spazierwegen.

5. Hohe, luftige Räume und Vermeiden von Anhäufung vieler Kranken im Raum.

6. Schlafzimmer daher nur mit 3–4 Betten, höchstens 6; am heften Einzelräume, besonders für Schwerkranke.

7. In Verbindung damit Balkone, Veranden u.s.w., geeignet zur Aufstellung von Betten, um die Kranken in freie Luft zu bringen.

8. Speise- und Wohnzimmer als eigne große Räume.

9 Wandelbahn und Tageräume für Aufenthalt bei schlechtem Wetter.

10. Strenge Sauberkeit im Hause durch zentrale Heizung, Wasserleitung in allen Räumen und elektrische Beleuchtung

11 Bade- und Brauseeinrichtungen zur Abhärtung der Kranken.

12. In allen Krankenräumen sind die Wände mit abwaschbarem Anstrich, die Böden fugenlos und alle Ecken und Winkel abgerundet zu erstellen, um das Ansetzen von Staub und Keimpilzen zu verhüten, Teppiche und Vorhänge sind zu vermeiden.


Literatur: [1] Moritz, Sanatorien für Lungenkranke, Deutsche Vierteljahrsschrift für öffentliche Gesundheitspflege 1892, S. 25 ff. – [2] Finkelnburg, Ueber Errichtung von Volkssanatorien für Lungenschwindsüchtige, Zentralblatt für Gesundheitspflege, Bonn 1890, S. 1, 12. – [3] Boischevalier, Sanatorium de Honnef (Bonn), Le Génie Civil, Paris, Bd. 24, S 369. – [4] Goecke, Th., Heilstätten und Heilanstalten, Deutsche Bauztg. 1901, S. 509 ff. – [5] König, Sanatorium Oeynhausen, ebend. 1893, S. 308. – [6] Wetzel, C., Die deutsche Heilstätte in Davos, ebend. 1901, S. 334. – [7] Keltenborn, Die Baseler Heilstätten in Davos, Schweiz. Bauztg. 1897, Bd. 29, S. 30. – [8] Peters, Magdeburgische Lungenheilstätte Vogelsang bei Gommern, Deutsche Bauztg. 1904, S. 293. – [9] Hoffmann, L., Städtische Heilstätte für Lungenkranke in Buch (Berlin), ebend. 1905, S. 493 ff. – [10] Schmieden und Boethke, Die Heilstätten für die Arbeiter der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft bei Melsungen (Hessen) und bei Schreiberhau (Schlesien), Zentralbl. der Bauverwaltung 1904, S. 565, 573. – [11] Dies., Arbeiterheilstätten der Landesversicherungsanstalt Berlin bei Beelitz, Deutsche Bauztg. 1904, S. 61 ff. – [12] v. Weltzien, Die Ernst-Ludwig-Heilstätte in Sandbach im Odenwald, ebend. 1903, S. 169.

Weinbrenner.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 566.
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