[231] Spülversatz, im Bergbau neue Ausführung des Bergeversatzes.
Die Abbaumethoden mit Bergeversatz (vgl. Abbau, Bd. 1, S. 2) bürgern sich beim Bergbau, im besonderen beim Kohlenbergbau, immer mehr ein; man erreicht dadurch wichtige Vorteile, das Hangende wird unterstützt und die Oberfläche leidet nicht unter dem Einflusse des Abbaues; außerdem wird der Ansammlung schädlicher Gase in den abgebauten Räumen tunlichst vorgebeugt. Als Nebenvorteile sind namentlich die Verminderung des Gebirgsdruckes und damit der Kosten für den Ausbau, die freiere Bewegung beim Abbau und im besonderen bei mächtigen Flözen der reinere Abbau von Wichtigkeit.
Gewöhnlicher, mit Hand eingebrachter Bergeversatz erfüllt diese Zwecke nur unvollkommen, da er wegen der Auflockerung durch die Schüttung unter starkem Gebirgsdruck nach und nach zusammengedrückt wird. Bei Schieferton beträgt die Volumenverminderung bis zu 50%. Auch wenn der Handversatz als trockene Mauerung ausgeführt wird und grobe Berge und Klares in richtigem Verhältnis gemischt werden, beträgt die Zusammendrückung immer noch etwa 25%; auch dieser Versatz ist nur in geringem Maße wetterdicht. Die Wetterdichtheit des Handversatzes, die namentlich beim Abbau von Kohlen, die zu Brand neigen, von großer Bedeutung ist, erreicht man durch Einpumpen von Aufbereitungsschlämmen (Schlammversatz). Entweder werden die Schlämme wie beim Spülversatz (vgl. weiter unten) durch Rohrleitungen in den Abbau geführt oder sie werden in Hunden in die Grube befördert, in Behälter entleert und von hier aus durch elektrisch angetriebene Druckpumpen mittels Rohrleitungen bis in die versetzten Räume gepumpt. Die Schlämme füllen die Zwischenräume dicht aus, das Wasser wird fast vollständig von den Bergen aufgenommen.
An die Stelle des Handversatzes ist etwa seit dem Jahre 1901 in Deutschland mehr und mehr der Spülversatz getreten. Man mischt das Versatzmaterial über Tage möglichst innig mit Wasser und führt das Gemenge durch Rohrleitungen in die abgebauten Räume, nachdem sie durch Verschläge ringsherum abgeschlossen worden waren. Während sich der Versatz ablagert, fließt das Wasser zum größten Teile ab, sammelt sich in Klärsümpfen und wird zu wiederholter Verwendung gewöhnlich durch Schleuderpumpen gehoben. Vom Grubenausbau kann verhältnismäßig viel geraubt (herausgenommen) werden. Zum Verspülen eignet sich am besten Sand, zu seiner Fortführung durch die Rohrleitungen ist nur wenig Wasser (0,8 Wasser auf 1,0 Sand) erforderlich, und er scheidet sich schnell und vollständig wieder aus dem Wasser aus, auch erfüllt er den Raum so gut, daß die spätere Zusammendrückung äußerst gering ist. Außerdem können aber auch Waschberge, Grubenberge nach entsprechender Zerkleinerung, granulierte Hochofenschlacke u.s.w. verwendet werden. Gewöhnlich werden an den Schächten größere Behälter für das Spülmaterial gebaut, aus diesen führt ein Band ohne Ende T (vgl. die Figur) die Massen dem unmittelbar am Schachte gelegenen Mischtrichter M zu, in dem aus der Rohrleitung r das notwendige Wasser zugesetzt wird; ein Rost R hält zufällige grobe Verunreinigungen zurück. Mittels des Krümmers K ist der Trichter mit der senkrechten Schachtleitung S verbunden. Diese geht am Füllorte mittels eines zweiten Krümmers K1 in die Streckenleitung L über, die bis in die Abbaufelder fortgeführt ist. Es darf immer nur ein Rohrstrang zum Verspülen benutzt werden; um Verstopfungen zu vermeiden, müssen etwa vorhandene Abzweigungen durch eingebaute Absperrschieber geschlossen werden, oder es sind Paßstücke vorhanden, um schnell den einen oder den andern Zweig mit der Hauptleitung verbinden zu können. Eine etwa eingetretene Verstopfung findet man leicht durch Beklopfen der Rohre; zur Beseitigung müssen größere Längen der Rohrleitung ausgebaut werden.
Als Spülrohre werden entweder die teuern Mannesmannrohre oder schmiedeeiserne Flanschenrohre verwendet; sie halten der Abnutzung durch das bewegte Spülmaterial sehr viel besser Stand als gußeiserne Rohre. Bei den Krümmern wird die äußere Wandung, die der [231] Abnutzung am meisten ausgesetzt ist, entsprechend stärker hergestellt. Die auf den wagerechten Strecken liegenden Rohre werden nach einer gewissen Zeit um 90° gewendet, was dreimal geschehen kann, da sie auf der unteren Seite am meisten abgenutzt werden. Die Rohre erhalten 150200 mm lichte Weite und etwa 8 mm Wandstärke. In neuerer Zeit werden auch Rohre mit Futter aus Schamotterohren oder aus hartem Holz verwendet; die längere Dauer soll den höheren Preis reichlich ausgleichen.
Die Verschläge bestehen aus einzelnen Stempeln, an die Schwarten und über diese grobe Sackleinwand als Filter angeschlagen werden. Ein Teil des hierzu verwendeten Materials kann später wiedergewonnen werden. In der Minute können etwa 8 cbm feste Masse verspült werden; zur Verständigung der Mannschaft in der Grube mit derjenigen am Mischtrichter ist telephonische Verbindung notwendig. Beim Beginn des Spülens gibt man nur Wasser in die Leitung und setzt dann allmählich das Material zu, ebenso muß beim Aufhören des Spülens die Leitung etwa 2 Minuten lang mit Wasser leer gespült werden.
Die Kosten des Spülversatzes werden je nach der Entfernung, aus der das Versatzmaterial herbeigeschafft werden muß, auf 50 . bis 1 ℳ. für 1 t Kohlen angegeben. Hierbei sind die erzielten Nebenvorteile noch nicht bewertet. S.a. Druckwasserförderer.
Literatur: Williger, G., Scheibenförmiger Abbau mächtiger Flöze unter Anwendung von Versatz mittels Wasserspülung auf dem Steinkohlenwerke Myslowitz, Essener »Glück auf« 1902, S. 6 (mit Angabe der Kosten); Jobst, Das Spülversatz verfahren beim Erzgebirgischen Steinkohlen-Aktienverein in Schedewitz bei Zwickau in Sachsen, Essener »Glück auf« 1905, S. 97; Pütz, Otto, Das Spülversatzverfahren, mit 40 Fig., Berlin 1907.
Treptow.
Lueger-1904: Spülversatz [2]