Ueberhitzungsregler

[814] Ueberhitzungsregler. Die bisher allgemein benutzten Verfahren zur Regelung der Dampftemperatur an Ueberhitzern weisen erhebliche Uebelstände auf.

Am meisten werden zur Regelung Klappen aus feuerfestem Material verwendet, die in die Heizkanäle eingebaut werden und die am Ueberhitzer vorbeistreichende Heizgasmenge ändern. Es kann hiermit wohl eine ausreichende Wirkung erzielt werden, doch sind die Klappen wenig dauerhaft und schwer zu bedienen, besonders wenn Verbiegungen und sonstige hindernde Formänderungen aufgetreten sind.

Das zweite gebräuchliche Regelungsmittel besteht in einer Mischung des überhitzten Dampfes mit gesättigtem. Hiermit kann jedoch nur eine geringe Wirkung erzielt werden, wenn nicht gleichzeitig eine Regelung der Heizgasmenge durch Klappen erfolgt. Die durch den Ueberhitzer gehende Dampfmenge erfährt nämlich eine Verringerung, während bei unveränderter Heizgasmenge der Wärmedurchgang der Ueberhitzerheizfläche infolge der geringeren Dampfgeschwindigkeit wohl auch eine Abnahme erfahren wird, aber doch nicht in dem Maße, daß die Dampftemperatur hinter dem Ueberhitzer konstant bleibt; diese wird vielmehr steigen, was der Regelung der Dampftemperatur entgegenwirkt. Außerdem hat dieses Verfahren den Nachteil, daß die Regelung nur der Verbrauchsstelle zugute kommt, während der Ueberhitzer um so mehr gefährdet wird, je stärker das Regelungsverfahren in Anspruch genommen, d.h. je mehr gesättigter Dampf beigemischt bezw. je weniger Dampf den Ueberhitzer durchströmt. Ein weiterer Uebelstand ist es, daß die Mischung keine sehr vollkommene wird.

Wesentlich zweckmäßiger ist das neuerdings in Aufnahme gekommene Verfahren, bei dem immer die ganze Dampfmenge durch den Ueberhitzer geleitet und die ganze Gasmenge an der Heizfläche vorbeigeführt wird, während eine Herabsetzung der Dampftemperatur durch eine geeignete, möglichst zweckmäßige Wärmeentziehung hinter dem Ueberhitzer erzielt wird. Bei der Ausführung der Deutschen Babcock & Wilcox Dampfkesselwerke A.-G. nach der Figur S. 816 besteht der Regler aus einem in den Wasserraum des Kessels eingebauten Kühler A, der aus schmiedeeisernen Rippenrohren hergestellt ist. Der Kühler ist einerseits durch eine Rohrleitung B mit der Dampfaustrittseite des Ueberhitzers verbunden und mündet anderseits als Kühldampfleitung C an der Dampfentnahmestelle des Kessels. An dem Kreuzungspunkt der Heiß- und Kühldampfleitung sitzt ein Dreiweg-Mischschieber D, der die Durchgangsquerschnitte der Heiß- und Kühldampfleitung stets gleichzeitig und im umgekehrten Verhältnis beeinflußt. Der im Kessel erzeugte Sattdampf wird in bekannter Weise dem Ueberhitzer zugeführt und daselbst auf eine erhöhte Temperatur gebracht. Ueberschreitet diese die gewünschte oder augenblicklich benötigte Höhe, so wird der Heißdampf entweder ganz oder teilweise durch[814] den Kühler A geleitet. Die gewünschte Dampfverteilung wird durch eine einzige Drehbewegung am Hebel des Mischschiebers D veranlaßt, durch die er entweder


nach der Kühldampfseite vollständig geschlossen wird; dann arbeitet der Ueberhitzer mit ausgeschaltetem Kühler, also mit höchstmöglichem Ueberhitzungsgrad;

nach der Heißdampfseite vollständig geschlossen wird; dann arbeitet der Ueberhitzer mit voll eingeschaltetem Kühler, also mit dem niedrigsten Ueberhitzungsgrad;

oder in eine Zwischenstellung gedreht wird; dann arbeitet der Ueberhitzer mit teilweise eingeschaltetem Kühler, also mit einer beliebigen Zwischentemperatur.


Der Heißdampf geht bei der letzten Einteilung in einem durch die Schieberstellung bewirkten bestimmten Verhältnis nur als Teilstrom durch den Kühler, um sich im abgekühlten Zustande hinter dem Mischschieber mit dem zweiten Heißdampfstrom zu mischen und dadurch eine niedrigere, mittlere Gesamttemperatur herbeizuführen.

Die Ueberhitzerheizfläche einer nach praktischen Gesichtspunkten angelegten Kesselanlage wird zweckmäßig so bemessen, daß die für die Maschine benötigte Dampftemperatur auch bei Schwacher Belastung des Kessels erreicht werden kann. Das hat zur Folge, daß bei starker Belastung des Kessels die Heißdampftemperatur im Ueberhitzer höher als die gewünschte Temperatur wird; es kann dann durch Benutzung des Mischschiebers leicht die verlangte Temperatur eingestellt werden, ohne die Beanspruchung der Ueberhitzerheizfläche herabsetzen zu müssen. Als Vorteile des beschriebenen Verfahrens sind zu nennen: Wegfall der Klappen, Regelung der Temperatur in weiten Grenzen, volle Ausnutzung des Ueberhitzers mit nutzbarer Verwendung der überschüssigen Ueberhitzungswärme, wodurch der Wirkungsgrad der Gesamtanlage günstig beeinflußt wird. Wo der Betrieb an verschiedenen Verbrauchsstellen Heißdampf von verschiedener Temperatur verlangt, kann die erforderliche Regelung durch Verwendung mehrerer Mischschieber erreicht werden.

Als Nachteile kommen die erhöhten Anlagekosten und die Reinigung der Rippenrohre von Kesselstein in Frage. Der erste Nachteil kann durch bessere Wärmeausnutzung im Kessel und durch wirtschaftlicheren Betrieb der Maschinen ausgeglichen werden. Um die Reinigung von Kesselstein zu erleichtern, werden die Rohre nur in kurzen Längen ausgeführt, um sie bequem durch das Mannloch ausbauen zu können.

Bei Versuchen an einem Kessel von 225 qm Verdampfungsheizfläche, 62 qm Ueberhitzerheizfläche und 36 qm Kühlerfläche konnten 2400 kg Dampf von 350° auf 270° und 2150 kg Dampf von 350° auf 250° abgekühlt werden.

Der Kühler kann auch in den Dampfraum des Kessels eingebaut werden; doch ist dann die Kühlwirkung nicht so bedeutend und erfordert eine größere Kühlfläche.

Ein ähnliches Reglerverfahren benutzen L. & C. Steinmüller in ihrem D.R.P. Nr. 245893. Vgl. a. die Art. Dampfkessel, S. 124, und Feuerungsanlagen, S. 271.

O. Herre.

Ueberhitzungsregler
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 814-815.
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