[936] Windverband, der Inbegriff jener Teile eines Brückenüberbaues, welche die horizontalen, senkrecht zur Brückenlängsachse gerichteten und hauptsächlich vom Winddrucke (s.d.) herrührenden Kräfte aufzunehmen und auf feste Stützpunkte zu übertragen haben. Diese Horizontalkräfte beanspruchen die Hauptträger des Brückenüberbaues einesteils auf Umkanten, andernteils auf horizontale Ausbiegung. Gegen ersteres sichert der in einzelnen Vertikalebenen angeordnete Querverband der Hauptträger, gegen letzteres die in horizontaler Ebene liegende Windverstrebung.
Letztere wird, wenn nicht etwa eine starre, unverschiebliche Fahrbahntafel eine besondere Windverstrebung unnötig macht, immer in der Form eines horizontal bezw. flach liegenden Gitterträgers ausgeführt. Gewöhnlich liegt die Windverstrebung in der Fläche einer Gurtung der Hauptträger, und diese Hauptträgergurtungen bilden dann gleichzeitig auch die Gurtungen der Windträger; es kann aber auch, wenn die Fahrbahn nicht an einer Gurtung gelegen ist (Fachwerksträger mit polygonalem Ober- und Untergurt, Bogen- und Hängeträger), eine besondere Windträgergurtung in der Ebene der Fahrbahn notwendig werden. Brücken mit obenliegender Bahn erhalten in der Regel eine Windverstrebung am Obergurt. Bei entsprechend starken Querverstrebungen, namentlich an den Trägerenden, kann die untere Windverstrebung entfallen. Umgekehrt kann die obere Windverstrebung wegbleiben, wenn eine solche am Untergurt angeordnet wird; jedoch müssen im letzteren Falle die Querverbände stärker hergestellt werden, da sich die größeren Horizontalkräfte immer an dem Gurt übertragen, wo die Fahrbahn angebracht ist. Werden Windverstrebungen an beiden Gurtungen angeordnet, so brauchen Querverbände nur an den Trägerenden vorhanden zu sein. Vielfach findet man aber, namentlich bei hohen Tragwänden, zwei Windverstrebungen und außerdem auch Zwischenquerverbände angeordnet, obwohl hierdurch in das räumliche System mehrfache statische Unbestimmtheiten gebracht werden. Brücken mit untenliegender Fahrbahn erhalten, wenn sie offen auszuführen sind, natürlich nur eine Windverstrebung am Untergurt. Werden sie geschlossen, d.h. mit oberem Querverbände durchgeführt, so ordnet man zwei Windverstrebungen, je eine am Untergurt und am Obergurt, an. Letztere wird schwächer beansprucht; bei Trägern mit gekrümmten Gurten kann sie häufig auch nicht bis an die Trägerenden geführt werden. Dort, wo die obere Windverstrebung endigt, ist dann eine stärkere Querverbindung der beiden Hauptträger anzuordnen, wogegen die Zwischenquerverbände schwach ausgeführt werden oder auch ganz wegbleiben können. Bei Bogenträgern sowie bei Hängewerksträgern wird stets eine Windverstrebung in der Ebene der Fahrbahn angeordnet, zu welchem Behufe ein Streckträger als Windgurt anzubringen ist. Außerdem werden die Bogen selbst noch durch eine, oder bei Fachwerksbogen von größerer Höhe auch durch zwei, an jedem Gurt angebrachte Windverstrebungen verbunden. Die Windstrebenausfachung selbst besteht in der Regel aus gekreuzten Diagonalstäben, die an die Knotenpunkte der Hauptträgergurtungen angeschlossen sind (Fig. 1). Die an diesen Knotenpunkten liegenden Querträger oder Querriegel bilden dann gleichzeitig auch Normalständer des Windstrebensystems. Die gekreuzten Windstreben können entweder flach, also nur für Zug, konstruiert sein, oder besser und jetzt allgemein mit steifem Querschnitt, so daß das System als ein zweifaches symmetrisches Fachwerk berechnet werden kann. Die Windstreben müssen knicksicher dimensioniert werden. Durch den Anschluß der Windstreben an die Hauptträgergurtungen kommen in sie, von den Längenänderungen der Gurte infolge Belastung herrührende, Zusatzspannungen. Diese werden durch die in Fig. 2 dargestellte Anordnung der Windverstrebung wesentlich herabgemindert. Wo es angeht, verbindet man die Windstreben auch mit den von ihnen gekreuzten Zwischenlängsträgern und vermindert hierdurch sowohl ihre freie Knicklänge als auch die Winddruckspannung in den Hauptträgergurtungen namentlich dann, wenn, wie in Fig. 3, diese Zwischenträger auch an den Querträgern durch Windstrebenkreuze verbunden werden. Bei Eisenbahnbrücken ist auch auf die Horizontalkräfte, welche die Fahrzeuge übertragen, Bedacht zu nehmen. Sie erfordern eine besondere wagerechte Verstrebung zwischen den Fahrbahnlängsträgern (Schwellenträgern), wenn diese nicht, wie in Fig. 3, an den Hauptwindverband angeschlossen werden.
Literatur: Winkler, E., Theorie der Windverstrebung in Brücken mit zwei Trägern, Civilingenieur XXX; Ders., Brückenbau: Die Querkonstruktionen der eisernen Brücken, 2. Aufl., Wien 1884; Handbuch der Ingenieurwissenschaften, Bd. 2; Häseler, Brückenbau, Braunschweig 1903; Schaper, Eiserne Brücken, Berlin 1908.
Melan.