Abdecker

[20] Abdecker (Freiknecht, Fall-, Wasen- oder Feldmeister, Kafiller, Schinder), eine Person, die in einem bestimmten Bezirk das gefallene Vieh wegzuschaffen, abzuhäuten und einzuscharren hat. Bis 1817 litt der A. an »Anrüchigkeit«, war unfähig zum Eintritt in die Zünfte, in das Militär und in Ehrenstellen, aber nicht ehrlos. Die A. besaßen vielfach für bestimmte Bezirke Privilegien, wonach ihnen gegen kostenfreie Abholung nicht bloß die verendeten, sondern auch die »abständigen« (s. Abgestanden) Tiere unentgeltlich überlassen werden mußten. Dieses Bannrecht besteht auf Grund der Verordnung vom 29. April 1772 in den östlichen Provinzen Preußens gegenwärtig noch und belästigt die Landwirtschaft nicht unerheblich. Durch Gesetz vom 17. März 1866 wurde den einzelnen Gemeinden das Recht der Provokation auf Ablösung der Abdeckerprivilegien gewährt, wovon jedoch wegen der Kosten wenig Gebrauch gemacht wurde. Nach der Reichsgewerbeordnung ist die Anlage einer Abdeckerei freigegeben, aber an die polizeiliche Genehmigung gebunden. In vielen Landesteilen bestehen besondere landespolizeiliche Verordnungen. Das Rinderpestgesetz, das Reichsviehseuchengesetz und die Instruktion zu letzterm enthalten Bestimmungen über den Transport der Tierkadaver und der zu tötenden Tiere sowie über die Ausnutzung derselben. Auf Tiere, die an Seuchen gefallen sind und nach den gesetzlichen Bestimmungen auf besondere Art unschädlich beseitigt werden müssen, hat der A. keinen Anspruch. Dagegen muß im Bereich eines Abdeckereiprivilegiums alles Vieh, bez. Fleisch, was vom menschlichen Genuß ausgeschlossen wird, dem A. überliefert werden, sofern nicht eine Entschädigung vereinbart ist. Dies hat Nachteile und Gefahren (betrügerisches Inverkehrbringen). Zur Ausnutzung der Kadaver ist die Abdeckerei gegenwärtig häufig verbunden mit Gerberei, Leimsiederei, Bonesize-, Knochenmehl-, Maschinenöl-, Poudrettefabrikation etc. Vgl. Wehmer, Abdeckereiwesen (in Weyls »Handbuch der Hygiene«, Bd. 2, Jena 1893); Haefcke, Die technische Verwendung von tierischen Kadavern etc. (Wien 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 20.
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