Andreas

[502] Andreas, Könige von Ungarn: 1) A. I. (1046–60), der vierte ungar. König aus dem Haus Ärpád, lebte, verbannt von seinem Vetter, König. Stephan I., als Flüchtling in Rotrußland und Polen, bis ihn die Ungarn 1046 nach des Usurpators Peter Entthronung zum König ausriefen. Um seine Herrschaft zu befestigen, ließ er anfänglich die nationale Heidenpartei gegen das Christentum gewähren, begünstigte es aber später und strafte die Aufrührer, denen er den Thron verdankte. Der Krieg, mit dem Kaiser Heinrich III. ihn wegen der Entthronung Peters als seines Vasallen überzog (1051–52), verlief für A. glücklich und wurde trotz der Vermittelung des Papstes Leo IX. erst 1058 durch einen Frieden beendigt, als nach Heinrichs Tode die Verlobung des Kaisersohnes mit A.' Tochter Juditha Ungarns Unabhängigkeit sicherte. Bald darauf geriet A. mit seinem Bruder Béla in Fehde, der von ihm, als A. noch keinen Sohn hatte, zum Nachfolger ernannt worden war, 1058 aber dem siebenjährigen Prinzen Salomon (der 1063 Kaiser Heinrichs IV. Schwester Judith heimführte) hatte weichen müssen. Von Boleslaw II. von Polen und unzufriedenen Ungarn unterstützt, griff Béla den mit Kaiser Heinrich IV. verbündeten A. an, der im Dezember 1060 an der Theiß geschlagen, auf der Flucht bei Wieselburg gefangen wurde und im Kloster Zircz seinen Wunden erlag. Vgl. Meyndt, Heinrich III. und A. I. (Leipz. 1870); Kämmel, Die zwei letzten Heereszüge Heinrichs III. nach Ungarn (Straßb. 1879); Rademacher, Ungarn und das Deutsche Reich unter Heinrich IV. (Merseb. 1885).

2) A. II. (1205–35), von seinem Kreuzzug der Hierosolymitaner genannt, Sohn Bélas III., ein Bruder des Königs Emmerich, den er im Verein mit seiner leidenschaftlichen Gemahlin Gertrud zu stürzen suchte. Nach Emmerichs Tode (1205) bestieg A. den Thron, und nachdem Gertrud 1213 durch eine Adelsverschwörung (s. Bánk bán) getötet worden war, unternahm er 1217 mit andern Fürsten einen Kreuzzug, der indes bei der Belagerung der Feste auf dem Berg Tabor scheiterte. A. kehrte nach Ungarn zurück, wo er infolge seines Leichtsinnes bis zu seinem Tode (1235) mit Empörungen und seinem eignen Sohn Béla zu kämpfen hatte. 1222 mußte er die Bulla aurea, das alte Grundgesetz Ungarns, unterschreiben und beschwören, das die Vorrechte des Adels bestimmte.

3) A. III., der Venezianer, Enkel A.' II., Sohn des Stephanus Posthumus (1290–1301), durch Ladislaw IV. erst Herzog von Slawonien, Dalmatien und Kroatien, gelangte nach der Ermordung Ladislaws IV. als der einzige noch lebende Sprößling des Hauses Arpad 1290 zur Regierung, obgleich König Rudolf der Habsburger Ungarn als heimgefallenes Reichslehen, Papst Nikolaus IV. es als päpstliches Lehen erklärten und ein falscher A. Anhänger fand. Dieser ward geschlagen; die Deutschen bequemten sich zu einem Frieden, und der vom Papst aufgestellte Gegenkönig Karl Martell von Anjou konnte es nur in Dalmatien und Kroatien zur Anerkennung bringen. Bald nachdem dieser gestorben war (1295), trat sein Sohn Karl Robert als Prätendent auf. Ehe es jedoch zur Entscheidung kam, starb A. plötzlich 14. Jan. 1301. Mit ihm erlosch das Haus Arpad im Mannesstamm. Vgl. Jul. Pauler, Geschichte der ungarischen Nation unter den Árpáden (Budap. 1900, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 502.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: