[549] Beernaert (spr. -nārt), Auguste, belg. Staatsmann, geb. 26. Juli 1829 in Ostende als Sohn eines Kleinbürgers, studierte in Löwen, Paris, Berlin und Heidelberg und machte sich, seit 1853 Advokat in Brüssel, bald durch seine große Rednergabe bekannt. Seine Berufung als Arbeitsminister (1873) in das klerikale Kabinett Malou (s. d.) erregte Aufsehen, da er bis dahin als Liberaler gegolten hatte. Nach seinem Rücktritt (1878) beteiligte er sich in der Kammer, der er seit 1874 angehörte, an der Opposition gegen Frère-Orban (s. d.). Im Juni 1884 zum Minister für Landwirtschaft, Gewerbe und Kunst, bald darauf (26. Okt.) zum Finanzminister und Ministerpräsidenten ernannt, wandelte er die belgische Staatsschuld um, bahnte verschiedene Steuerreformen an, unterstützte die berechtigten Forderungen des flämischen Volkstums und förderte die Interessen des Kongostaates. Im parlamentarischen Leben bewies er taktische Begabung; lange hatte er als gemäßigt Klerikaler das Vertrauen der streng klerikalen Kammermehrheit, obwohl er als Anhänger der persönlichen Wehrpflicht und als Gegner von Fleischzöllen abweichenden Anschauungen huldigte. Im März 1894 nahm er seine Entlassung, weil die Klerikalen bei der Beratung der Wahlreform das von ihm vorgeschlagene Proportionalsystem ablehnten. 18951900 Präsident der Repräsentantenkammer, gehörte er 1899 zu den tätigsten Mitgliedern der Haager Friedenskonferenz. Er schrieb: »De l'état de l'enseignement du droiten France eten Allemagne« (Brüss. 1854) und ist Mitglied der Belgischen Akademie (seit 1899) sowie des Institut de France.