Belinskij

[607] Belinskij, Wißarion Grigorjewitsch, der bedeutendste literarische Kritiker Rußlands, geb. 1811 als Sohn eines Kreisarztes in Tschembar (Gouv. Pensa), gest. 9. Juni (28. Mai) 1848 in Petersburg, besuchte 1830–32 die Moskauer Universität und betrat alsdann, ohne seine Studien daselbst zum Abschluß zu bringen, die journalistische Laufbahn. Seine erste bedeutende kritische Arbeit ist der Überblick über die russische Literatur seit dem 18. Jahrhundert, die 1834 unter dem Titel »Literarische Phantasien, eine Elegie in Prosa« anonym in der Zeitschrift »Molva« erschien. Er vertiefte sich dann namentlich in die Philosophie Hegels und Schellings, wodurch die Richtung seiner literarisch-kritischen Tätigkeit bestimmt wurde. Obschon körperlich leidend und mit der Not des Lebens kämpfend, hat B. doch unablässig in allen tonangebenden Petersburger und Moskauer Zeitschriften mit Begeisterung für richtige Erkenntnis der poetischen Schönheit und ihrer Gesetze gewirkt. Durch ihn ist Puschkins, Lermontows, Gogols Bedeutung für die russische Literatur festgestellt und zuerst das echte Verständnis dieser Schriftsteller geweckt worden. Von seinen vorzüglichen Abhandlungen in dieser Beziehung sind vor allem zu nennen: »Die russische Novelle und die Novellen Gogols« (1835, im »Teleskop«), seine Kritik von Gogols »Revisor«, seine elf Aufsätze über Puschkin (1843–46, in den »Vaterländischen Blättern«) etc. Anfangs ganz unter dem Einfluß der deutschen Philosophie stehend, vertrat er späterhin das Prinzip eines gefunden, auf idealer Grundlage aufgebauten Realismus, die sogen. natürliche Richtung. Seine letzte bedeutende Abhandlung ist der 1848 erschienene »Rückblick auf die russische Literatur im Jahre 1847«. Die erste Gesamtausgabe seiner Werke in 12 Bänden erschien in Petersburg 1859–62. Vgl. Pypin, B., sein Leben und seine Briefe (Petersb. 1876, 2 Bde., russisch).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 607.
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