Bergpredigt

[678] Bergpredigt, die Rede, welche Matth. 57 als messianische Antrittsrede Jesu dessen öffentliche Wirksamkeit eröffnet, während sie sich an späterer Stelle und in fragmentarischer Gestalt auch Luk. 6,20–49 findet. Die unbefangenen Ausleger sind gegenwärtig[678] darüber einig, daß die Rede so, wie sie das erste Evangelium gibt, eine mehr oder minder freie Komposition darstellt, wodurch gewissermaßen ein Gesamtbild Jesu als Volkslehrer, eine mustergültige Probe seiner Lehrweise gegeben werden sollte. Keineswegs ebenso allgemein wird der Preis der Ursprünglichkeit der kürzern Form des dritten Evangelisten, wo sie als Weiherede für die engere Jüngergemeinde erscheint, zugestanden. Jedenfalls sollen in ihr die Grundforderungen des neuen Gottesreiches ausgesprochen, eine »Magna Charta des Himmelreichs« gegeben werden. Insonderheit ist es die für den Standpunkt des ersten Evangelisten entscheidende Frage nach der Stellung Jesu zum Gesetz, die Matth. 5,17–19 in einem der Paulinischen Lehre abgewandten Sinne zur Lösung gebracht wird, worauf eine Kritik der pharisäischen Behandlung des Gesetzes sowie der damals beliebtesten Formen von guten Werken und Tugendübungen den Hauptinhalt des Ganzen bildet.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 678-679.
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