Enghien [2]

[793] Enghien (spr. anggäng), Louis Antoine Henri von Bourbon, Herzog von, Sohn des Herzogs Louis Henri Joseph von Bourbon-Condé, geb. 2. Aug. 1772 in Chantilly, gest. 21. März 1804, verließ im Juli 1789 mit seinem Vater und Großvater Frankreich und trat in das von seinem Großvater am Rhein gesammelte Emigrantenkorps. Nach dessen Auflösung zog er sich 1801 nach dem badischen Städtchen Ettenheim zurück. Er wünschte zwar dringend, im englischen Heere gegen Bonaparte zu kämpfen, hielt sich aber grundsätzlich von allen Verschwörungen fern. Als jedoch Napoleon nach dem Komplott von Cadoudal und Pichegru die Bourbonen durch einen Gewaltstreich einschüchtern wollte, befahl er, E. als das am leichtesten erreichbare Mitglied der Königsfamilie zu verhaften. Am 15. März 1804 ward der Herzog unter grober Verletzung des Völkerrechts durch französische Dragoner in dem badischen Örtchen Ettenheim festgenommen, nach Vincennes gebracht und hier 20. März sofort vor ein Kriegsgericht gestellt, dem der General Hulin präsidierte. Auf Napoleons unbedingten Befehl fällten die Richter 21. März um 4 Uhr morgens das Todesurteil über E., das eine halbe Stunde später im Graben des Schlosses mit Pulver und Blei vollstreckt ward. Napoleon suchte später, auch noch in den »Mémoires de Ste. Hélène«, vergebens die Schuld auf den Polizeiminister Savary abzuwälzen. Savarys Rechtfertigungsschrift »Sur la catastrophe de M. le duc d'E.« (Par. 1823) veranlaßte mehr als 20 verschiedene Schriften, die einen der Bände der »Collection de mémoires sur la Révolution française« bilden, aber nur Napoleons Schuld konstatieren; Mitschuldiger war Talleyrand. Nach der Restauration ward Enghiens Leichnam ausgegraben und ihm in der Kirche zu Vincennes ein Denkmal gesetzt. Vgl. Boulay de la Meurthe, Les dernières années du duc d'E. (Par. 1886); Welschinger, Le duc d'E. (das. 1888).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 793.
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