Eon de Beaumont

[853] Eon de Beaumont (spr. eóng dö bomóng), Charles Geneviève Louis Auguste André Timothée d', bekannt unter dem Namen Chevalier d'Eon, war eine mysteriöse Persönlichkeit, die durch die über ihrem Geschlecht schwebende Ungewißheit Interesse erregte.[853] Geboren 5. Okt. 1728 zu Tonnerre in Bourgogne als Kind des Advokaten Beaumont, gest. 21. Mai 1810 in London, galt E. von Geburt an für einen Knaben, wurde Dottor der Rechte und Parlamentsadvokat, schrieb mehrere staatswissenschaftliche Schriften und wurde vom Prinzen Conti dem König Ludwig XV. zu diplomatischer Verwendung empfohlen. Er erhielt infolgedessen 1755 eine geheime Sendung nach St. Petersburg, wobei er wiederholt in weiblicher Kleidung auftrat. Auch machte er den Feldzug von 1761 in Deutschland als Adjutant des Herzogs von Broglie mit. 1768 ging er mit dem Herzog von Nivernois als Gesandtschaftssekretär nach London. Hier erhoben sich zuerst Zweifel über sein Geschlecht, die sogar zu Wetten und infolge davon zu Prozessen führten. Verschiedene Differenzen mit dem Gesandten Guerchy und dem Minister Choiseul veranlaßten seine Abberufung. Dennoch blieb er als geheimer Agent des Königs in London u. führte mit Ludwig XV. eine besondere Korrespondenz, mißbrauchte aber dessen Vertrauen zu frechen Erpressungen.

Eophon.
Eophon.

Erst unter Ludwig XVI. kehrte er (1777) nach Frankreich zurück, mußte aber auf ausdrücklichen Befehl der Regierung weibliche Kleidung tragen. 1783 ging er wieder nach London, wo er meist in weiblicher Tracht erschien. E. ist männlichen Geschlechts gewesen, glich aber seiner zarten Gestalt und seines bartlosen Gesichts wegen, namentlich in Damenkleidern, einem Weib. Seine Werke erschienen u. d. T.: »Loisirs du chevalier d'É.« (Amsterd. 1775, 13 Bde.). Die »Mémoires du chevalier d'E.« (Par. 1836 u. 1866; deutsch, Braunschw. 1837, 2 Bde.) gelten als echt, sind aber durchaus lügenhaft. Vgl. »Neuer Pitaval«, Bd. 21 (Leipz. 1861); Broglie, Correspondance secrète de Louis XV avec ses agents diplomatiques (Par. 1879, 2 Bde.); Telfer, The chevalier d'E. (Lond. 1885 und 1896); Vizetelly, The true story of the Chevalier d'Eon (das. 1895); Letainturier-Fradin, La chevalière d'É. (Par. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 853-854.
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