Etzel [2]

[147] Etzel, der berühmte König der Hunnen in der deutschen Heldensage, Gemahl der Helche (Herche, Erka, s.d.), die ihm zwei Söhne gebar, die in der Ravennaschlacht fielen, sodann Gemahl der Königin Kriemhild von Burgund (der Witwe Siegfrieds). Auf Kriemilds Veranlassung ladet er arglos deren Brüder (die Mörder Siegfrieds) an seinen Hof und wird gegen seinen Willen in die grausigen Rachekämpfe mit diesen hineingerissen, die der letzte Teil des Nibelungenliedes schildert. Nach der nordischen Darstellung in der »Edda« und der Volsunga-Saga lockt dagegen E., hier Am genannt, seine Schwäger zu sich, um ihren Schatz, den Nibelungenhort, zu erl augen, und läßt sie niedermachen, wird aber zur Rache von seiner Gattin, der Schwester der Erschlagenen (hier Gudrun genannt), im Bett ermordet. Die norwegische Thidreks-Saga, die niederdeutsche Überlieferungen benutzt hat, meldet über Attilas Ende, daß er in einem unterirdischen Gewölbe bei dem Nibelungenschatze dem Hungertod preisgegeben worden sei. Wie im Nibelungenliede, so erscheint auch in den andern mittelhochdeutschen Volksepen E. in günstigerm Licht. Er herrscht zu Ungarn in Etzelburg (Ofen) als mächtigster König seiner Zeit; viele der tapfersten und edelsten germanischen Fürsten kämpfen in seinen Diensten oder finden bei ihm Gastfreundschaft oder Schutz. So vor allem Dietrich von Bern, dem er durch sein Heer Beistand gegen den Kaiser Ermenrich leistet, wie auch Dietrich für E. gegen die Slawen sicht. Die Geschichte Attilas ist in den Grundzügen der Etzelsage noch recht wohl zu erkennen. Die Auffassung der in seinen Diensten kämpfenden Ostgoten liegt der etzelfreundlichen süddeutschen Darstellung, die gegnerische Auffassung der Franken liegt der skandinavischen Gestalt der Sage zu Grunde.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 147.
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