[209] Exegētische Sammlungen (Catenae, Glossae), Zusammenstellungen biblischer Auslegungen verschiedener Exegeten. Nach der Blütezeit der exegetischen Wissenschaft des Ostens im 5. Jahrh. begann man unter Verzicht auf eigne Produktion Exzerpte aus den Kommentaren anerkannter Autoritäten kettenartig (daher Catenae) aneinanderzureihen. Als Verfasser solcher Katenen kennen wir unter andern Prokopios von Gaza (um 500), Andreas Presbyter (nach 700) und Niketas von Herakleia (um 1080), doch sind die meisten Katenen anonym. Ihr Wert besteht darin, daß in ihnen zahlreiche Bruchstücke älterer, verloren gegangener Bibelkommentare sich erhalten haben. Dadurch, daß man derartige Kettenwerke ausschrieb, ohne die Namen der dort angeführten Autoren zu nennen, entstanden zahlreiche, scheinbar selbständige Kommentare byzantinischer Theologen, z. B. des Theophylaktos und Euthymios Zigabenos (s.d.; beide um 1100). Diese Arbeitsweise fand im Abendland Nachahmer in Beda Venerabilis, Alkuin, Hrabanus Maurus, Haymo, Paul Warnefried. Bald zog man sich auf eine noch niedrigere Form der Schriftauslegung zurück, indem man eine knappe Auslese älterer Deutungen an den Rand oder zwischen die Zeilen des Textes setzte. Dies die sogen. Glossen, von denen die Glossa ordinaria des Walafried Strabo (s.d.) am längsten im Gebrauch der Kirche blieb. In neuester Zeit ist die früher durch Gelehrte, wie Possinus, Corderius, Matthäi und Cramer, gepflegte gelehrte Arbeit an den Katenen auf Grund handschriftlicher Forschungen wieder lebhaft aufgenommen worden. Vgl. H. Lietzmann, Catenen (Freib. 1897); Karo und Lietzmann, Catenarum graecarum catalogus (Götting. 1902, 2 Tle.).