Experimént

[220] Experimént (lat.), »Erforschungsversuch«, ein Verfahren, durch das der Naturforscher das Verhalten von Körpern zueinander, eine Naturerscheinung zu ergründen versucht, indem er alle störenden Nebenumstände ausschließt, die bei der bloßen Beobachtung den wahren Vorgang oft verhüllen oder modifizieren. Das E. ist eine Frage, die der Naturforscher der Natur vorlegt, und die, richtig gestellt, stets richtig beantwortet wird. Die alten Philosophen kannten das E. nicht, deshalb blieben auch ihre Kenntnisse der Naturerscheinungen trotz des Aufwandes von vielem Scharfsinn höchst mangelhaft. Erst Bacon von Verulam wies der Naturforschung die richtigen Bahnen, indem er das E. und die sogen. exakte Methode der Forschung im Gegensatz zu der philosophierenden Grübelei in den Vordergrund stellte. Die großartigen Fortschritte, welche die Naturwissenschaft in der neuern Zeit gemacht hat, verdankt sie wesentlich der Anwendung des Experiments, und so werden denn auch gegenwärtig alle Disziplinen, die das E. fordern (Physik, Chemie, Physiologie, Geologie), mit Vorführung von Experimenten gelehrt, um die Wirkungen der Naturkräfte dem Zuhörer unmittelbar vorzuführen. In solchem Sinn spricht man von Experimentalwissenschaften (Experimentalchemie, Experimentalphysik, Experimentalphysiologie, Experimentalgeologie). Anleitungen zur Ausführung von Experimenten zur Selbstbelehrung und beim Unterricht geben unter andern: Frick, Physikalische Technik (6. Aufl., Braunschw. 1890–95, 2 Bde.); Heumann, Anleitung zum Experimentieren bei Vorlesungen (3. Aufl., das. 1904); Arendt, Technik der Experimentalchemie (3. Aufl., Leipz. 1900); Cyon, Methodik der physiologischen Experimente und Vivisektionen (Gießen 1876); Gscheidlen, Physiologische Methodik (Braunschw. 1879, unvollendet).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 220.
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