Ferri

[454] Ferri, 1) Ciro, ital. Maler, geb. 1634 in Rom, gest. daselbst 1689, Schüler von Pietro da Cortona in Florenz, vollendete nach des Meisters Fortgang von Florenz dessen Fresken im Palazzo Pitti. Später kehrte er nach Rom zurück, wo er als Maler und Architekt tätig war. Seine Manier ist der des Cortona verwandt. Sein umfangreichstes Werk sind die biblischen Darstellungen in Santa Maria Maggiore zu Bergamo.

2) Enrico, Kriminalist, geb. 25. Febr. 1856 zu San Benedetto Po in der Provinz Mantua, habilitierte sich 1880 an der Universität Turin und war 1881–94 nacheinander Professor in Bologna, Siena und Pisa, ward jedoch nach seinem offenen Beitritt zur sozialistischen Partei seines Lehramtes entsetzt. 1895–96 hielt er Vorträge an dem neubegründeten Institut des hautes études in Brüssel. Gegenwärtig[454] lebt er als Advokat in Rom und ist zugleich Privatdozent an der dortigen Universität. F. ist mit Cesare Lombroso Begründer der neuern kriminologischen Schule in Italien, deren speziell soziologische Richtung er hauptsächlich vertritt. Seine Hauptschriften wurden z. T. auch in das Spanische und das Englische übersetzt. Wir nennen hier: »Studi sulla criminalità in Francia da 1826 fin a 1878« (Rom 1881); »Das Verbrechen in seiner Abhängigkeit vom jährlichen Temperaturwechsel« (Berl. 1882, zuerst in der »Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft«); »I nuovi orizzonti del diritto e della procedura penale« (Bologna 1881; 3. Aufl. u. d. T.: »Sociologia criminale«, Turin 1892, 4. Aufl. 1900; deutsch von Kurella u. d. T.: »Das Verbrechen als soziale Erscheinung«, Leipz. 1897); »La scuola positiva di diritto criminale« (Siena 1883; deutsch von E. Müller-Röder, Frankf. a. M. 1902); »Polemica in difesa della scuola criminale positiva« (zusammen mit Lombroso, Garofalo und Fioretti, Bologna 1886); »L'omicidio-suicidio« (zuerst in dem von F. mit herausgegebenen »Archivio di Psichiatria«, 4. Aufl., Turin 1895); »Socialismo e criminalità, appunti« (das. 1883, neue Aufl. 1897); ferner: »L'omicidio nell' antropologia criminale« (2 Bde. mit anthropologisch-statistischem Atlas, das. 1895); »Socialismo e scienza positiva. Darwin, Spencer, Marx« (Rom 1894; deutsch von Kurella, Leipz. 1895); »Difese penali e studi di giurisprudenza« (Turin 1899); »Delinquenti nell' arte« (Genua 1901); »Studi sulla criminalità ed altri saggi« (Turin 1901). F. ist seit 1886 Mitglied der italienischen Deputiertenkammer und gehört hier zu den Wort führern der äußersten Linken.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 454-455.
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