Flaschenpost

[663] Flaschenpost, die Beförderung von Nachrichten in luftdicht verschlossenen und mit etwas Sand beschwerten Flaschen, die von Bord aus dem Ozean anvertraut und durch Meeresströmungen fortgeführt werden. Derartige Flaschen benutzte man zuerst 1802 zur Erforschung des Golfstroms, und Berghaus stellte eine Tafel von 16 an den nordatlantischen Küsten aufgefundenen Flaschen zusammen. Becher veröffentlichte 1843 die erste Karte, in die 119 Funde eingetragen waren (Flaschenkarte). Gegenwärtig ist die F., die manchmal auch zur Mitteilung von Unglücksfällen benutzt wird, völkerrechtlich geschützt, und das Aussetzen der F. ist von seiten mehrerer hydrographischer Ämter, in Deutschland durch die Seewarte, gut organisiert. Ein in die Flaschen einzuschließender Zettel gibt Nachricht über den Absender, den Ort, wo die Flasche über Bord gesetzt wurde, den Zeitpunkt, die Ausstattung der Flasche und die Adresse, an welche die Flasche gesendet werden soll. Der Finder der Flasche oder die Behörde, an die er die Flasche abliefert, füllt ein Schema auf der Rückseite des Flaschenzettels aus, das über die Auffindung, Ort, Zeit, Beschaffenheit der Flasche Auskunft gibt. Aus der Kenntnis des Abgangs- und Fundortes der Flasche kann man wertvolle Schlüsse auf die Richtung vieler Oberflächenströmungen des Meeres ziehen. Fast alle Flaschen, die in den Äquatorialströmen des Atlantischen Ozeans ausgeworfen wurden, sind in Westindien oder Brasilien gefunden worden, die im Guineastrom ausgesetzten dagegen an den Küsten Westafrikas. Eine 19. Mai 1887 bei den Kap Verde-Inseln aufgegebene F. wurde 17. März 1890 an der irländischen Küste gefunden und hat, zweifellos auf dem Umweg über Westindien, 7700 Seemeilen zurückgelegt. Noch größer sind die Reisen dreier Flaschen, die vom Kap Horn in Ost-Richtung bis Australien in 2 1/2–3 Jahren geschwommen sind und somit rund 9000 Seemeilen, täglich etwa 8–9 Seemeilen oder 15–16 km, zurückgelegt haben. Die Ermittelung der Strom geschwindigkeit durch F. ist freilich sehr mißlich, da es meist unsicher bleibt, ob die Flasche sogleich oder nach langem Liegen am [663] Strande gefunden ist. In den arktischen Regionen hat man die F. mit Erfolg zur Beförderung von Nachrichten über Polarexpeditionen benutzt. So fand die Pandora 1876 zwei Flaschen mit wertvollen Nachrichten über die Expedition von Nares auf Littleton Island im Smithkanal. Die Ergebnisse der F. werden jährlich in den »Annalen der Hydrographie«, im »Nautical Magazine« etc. veröffentlicht. Vgl. Schott, Die Flaschenponen der Seewarte (Hamb. 1898); Derselbe, in der »Marine-Rundschau« 1898, Heft 1.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 663-664.
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