Gehirndruck

[474] Gehirndruck, der in der Schädelkapsel, bez. dem damit zusammenhängenden Wirbelkanal herrschende Druck. Gehirn und Rückenmark sind umspült von einer Flüssigkeit (Lymphe, Liquor cerebrospinalis), die wie in andern Körperteilen aus den Blutgefäßen abgesondert und von den Lymphgefäßen wieder aufgesogen wird. Diese Einrichtung mildert den Einfluß der normalen Blutdruckschwankungen auf das hiergegen sehr empfindliche Gehirn. Der normale G. beträgt beim erwachsenen Menschen 110–120 mm Wassersäule. Eine vielgeübte und sehr genaue Methode zur Messung des Gehirndruckes bietet sich in der Spinalpunktion (s.d.). Eine krankhafte Steigerung des Gehirndruckes entsteht bei Schädelbrüchen durch niedergedrückte Knochenstücke, ferner durch Geschwülste, die sich im Innern der Schädelhöhle bilden, sodann durch größere Blutergüsse (Zerreißung der Arteria meningea media), Wasser- oder Eiteranhäufungen innerhalb der Schädelhöhle etc., kurz durch Vorgänge, durch die eine Raumbeengung des Gehirns hervorgerufen wird. Die Symptome des Druckes auf das Gehirn sind allgemeine Schwäche, Schwindel, Kopfschmerz, Klingen in den Ohren, zuweilen Erbrechen, Verdunkelung des Gesichtsfeldes, Lähmungen und vor allem tiefe Schlafsucht (Coma), meist mit verlangsamtem Puls und mit verlangsamter, oberflächlicher Atmung. Manchmal ist Fieber beim G. vorhanden. Bei kleinen Kindern läßt sich der G. direkt nachweisen durch die Vorwölbung der Fontanellen, bei Erwachsenen durch die mittels des Augenspiegels erkennbare Stauungspapille; man erkennt eine Schwellung und Entzündung des Sehnervenkopfes, Erweiterung der Netzhautblutadern und vielleicht auch Blutungen aus denselben in die Netzhaut hinein, eine Folge der rückwirkenden Druckerhöhung im Schädelinnern. Eine Behandlung des Gehirndruckes ist möglich, wo durch die Trepanation ein niedergedrücktes Knochenstück emporgehoben oder einer Eiteransammlung im Schädel (s. Gehirnabszeß) Abfluß verschafft werden kann, ferner durch Entfernung des unter hohem Druck stehenden Liquor cerebrospinalis, in letzterm Fall freilich meist nur mit vorübergehendem Erfolg.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 474.
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