Infusion

[826] Infusion (lat., »Eingießung«), das Einbringen von Flüssigkeiten in den Körper auf ungewöhnlichem Weg behufs Aufnahme in den Blutkreislauf. Man unterscheidet je nach dem Verfahren: 1) I.[826] direkt in die Blutadern (intravenöse Injektion), 2) I. in die Bauchhöhle, 3) I. in den Mastdarm (s. Eingießung), 4) I. unter die Haut. Am meisten Anwendung findet heutzutage die I. in die Venen und unter die Haut. Erstere wird wohl mehr in Krankenhäusern, wo genügend Assistenz vorhanden ist, ausgeführt, während letztere wegen ihrer einfachen Technik Gemeingut aller praktischen Ärzte ist. Sie wird mittels Hohlnadel, Schlauch und Trichter ausgeführt, und zwar benutzt man ausschließlich die sogen. physiologische Kochsalzlösung von 0,6 Proz., je nach Bedarf 0,25–1,5 Lit. auf einmal. Sie wird zu raschem Flüssigkeitsersatz in der Behandlung schwerer Blut- und Wasserverluste des Körpers angewendet, besonders wenn infolge Ohnmacht, Brechreiz und andern Umständen es nicht möglich ist, auf dem natürlichen Weg, also durch Trinken von Wasser u. dgl., den Flüssigkeitsersatz rasch und gefahrlos zu bewerkstelligen; es gehören hierher schwere geburtshilfliche und chirurgische Blutverluste; Cholera asiatica; akuter Brechdurchfall der Kinder und Erwachsenen; chronischer Darmkatarrh; Kinderatrophie; innere Blutungen bei Typhus, Magengeschwür etc. Hierbei besteht die Wirkung der I. darin, daß das leer gehende Herzpumpwerk wieder gespeist wird. Die I. findet ferner Anwendung bei vielen Vergiftungen, sowohl durch Gifte, die von außen in den Körper gelangt sind (Strychnin, Kohlenoxyd [Kohlendunst, Leuchtgas], Kohlensäure, Phosphor, Jodoform, Arsenik, Karbolsäure), als auch bei solchen, die sich im Körper selber gebildet haben (Urämie, Eklampsie, diabetisches Koma, Infektionskrankheiten). Hierbei bezweckt die I. die Verdünnung des im Blut enthaltenen Giftes und die Ausscheidung desselben durch Hebung der Nierentätigkeit und Schweißabsonderung (sogen. Auswaschung des Organismus). Die intravenöse Injektion ist in neuerer Zeit namentlich zur Einverleibung von zimtsaurem Natron bei Lungenschwindsucht vielfach geübt worden. Die intravenöse Injektion kleiner Flüssigkeitsmengen kann durch direkten Einstich in die mittels vorübergehender Umschnürung gestauten Blutadern der Ellenbeuge geschehen; zur Einverleibung größerer Flüssigkeitsmengen legt man eine Blutader durch Schnitt frei, eröffnet sie und bindet eine Kanüle ein. Zweckmäßig läßt man einen ausgiebigen Aderlaß vorhergehen. über I. von gasförmigem Sauerstoff in die Blutadern s. Sauerstofftherapie. In der Tiermedizin werden eine Anzahl von Arzneimitteln (Chlorbaryum, Kollargol) in eine Vene gespritzt, weil das Eingießen in den Mund und ebenso die Einspritzung großer Mengen unter die Haut schwierig oder unausführbar wäre, die Wirkung eine sichere und raschere ist und die Tiere diesen Eingriff ohne jede Störung vertragen. Eine ähnliche Applikation ist die Einspritzung in die Luftröhre (intratracheale Injektion), die ebenfalls, wie z. B. von Pferden, gut ertragen wird.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 826-827.
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