[837] Inhalationskuren (lat., »Einatmungskuren«) bestehen in der zu Heilzwecken unternommenen Einatmung von Gasen und Flüssigkeiten, namentlich sein zerstäubten Flüssigkeiten, in denen ein Arzneistoff aufgelöst ist. I. sind in mehr kunstloser Form schon seit langer Zeit im Gebrauch gewesen. Der römische Arzt Celsus ließ gegen Geschwüre im Rachen heiße Dämpfe einatmen; die von Beddoes (17541808) angewendete Einatmung von Gasen (Anemopathie), die von Raspail empfohlenen Zigaretten, die beim Rauchen Kampferdämpfe liefern, ferner Zigaretten mit Belladonna, Opium und Stramonium sind allbekannte Formen der I. In bequemerer und verfeinerter Form sind die I. aber erst in neuerer Zeit zu ausgedehnter Anwendung gekommen, namentlich seitdem Sales-Girons 1858 in mehreren Bädern Frankreichs Inhalationssäle für Brustkranke einrichtete, in denen diese die den Quellen entströmenden Gase gemischt mit Luft einatmeten. Derselbe Arzt konstruierte auch einen Zerstäubungsapparat, der den I. allgemeine Anwendbarkeit sicherte, und gegenwärtig stellen diese einen wichtigen Teil der Lokaltherapie bei Krankheiten der Atmungswege dar, weil sie es möglich machen, die Schleimhaut der Luftwege, wahrscheinlich auch die Lungenbläschen mit den gelösten Arzneistoffen in unmittelbare Berührung zu bringen. Bei den modernen I. werden sein zerstäubte Flüssigkeiten von beliebiger Temperatur eingeatmet. Die Zerstäubung geschieht vermittelst besonderer Apparate (Zerstäubungsapparate, s. d.), die in verschiedenen Konstruktionen, z. T. von sehr einfacher und zweckmäßiger Form, angefertigt werden. 1889 empfahl Weigert eine Behandlung der Lungentuberkulose mittels Inhalation heißer Luft von 200°, durch welche die Tuberkelbazillen in der Lunge getötet werden sollten, doch hat diese Behandlung den gehegten Erwartungen nicht entsprochen. I. werden aber auch im großen vorgenommen in der Art, daß man den Patienten in eine Atmosphäre bringt, die gewissermaßen die Arzneistoffe bereits in Lösung oder in sehr sein verteiltem Zustand enthält. So schickt man z. B. Lungenkranke in die Gradierhäuser, um sie eine Luft einatmen zu lassen, die sehr feucht ist und zugleich Kochsalz in sehr sein zerteiltem Zustand suspendiert enthält. Oder man bringt die Kranken in einen geschlossenen Raum, dessen Luft mit sein verteiltem Latschenöl, oder Lignosulfit oder mit gewissen Gasen (z. B. mit Kohlensäure) sehr reichlich vermischt ist (vgl. Gasbäder). In gewissen Sinne könnte man selbst den Aufenthalt an klimatischen Kurorten als Inhalationskur im großen bezeichnen. Sicherlich ist die Heilkunst, namentlich durch die I. mit zerstäubten Flüssigkeiten, um ein wertvolles, häufig und leicht anzuwendendes Mittel bereichert worden. Vgl. Sales-Girons, Thérapeutique respiratoire (Par. 1858); Örtel in Ziemssens »Handbuch der allgemeinen Therapie«: Respiratorische Therapie (Leipz. 1882); Lazarus, Allgemeine Inhalationstherapie (in Eulenburg-Samuels »Lehrbuch der allgemeinen Therapie«, Wien 1898) und im »Handbuch der physikalischen Therapie« von Goldscheider und Jacob (Leipz. 1901); Adolf Schmid in Penzoldt-Stintzings »Handbuch der Therapie«, Bd. 3 (3. Aufl., Jena 1902).