Isla

[47] Isla, José Francisco de, einer der berühmtesten und vielleicht der populärste der span. Schriftsteller des 18. Jahrh., geb. 24. März 1703 in Vidanes im Königreich Leon, gest. 2. Nov. 1781 in Bologna, erhielt eine ausgezeichnete Erziehung und trat in seinem 16. Jahr in den Jesuitenorden. Seine ersten schriftstellerischen Versuche waren Übersetzungen aus dem Französischen. Als witziger Kopf ward er durch die kleine Schrift »El dia grande de Navarra« (Pamplona 1746) bekannt, in der er die von den Navarresen zur Feier der Thronbesteigung Ferdinands VI. angestellten pomphaften Festlichkeiten mit so seiner Ironie lächerlich machte, daß die Betroffenen die satirische Absicht anfangs nicht ahnten und dem Verfasser ihren Dank abstatten ließen. Islas Hauptwerk ist der berühmte satirisch-didaktische Roman »Historia del famoso predicador Fray Gerundio de Campazas, alias Zotes« (Madr. 1758, Bd. 1), den er unter dem falschen Namen Francisco Lobon de Salazar herausgab. I. geißelt darin, in der Manier des »Don Quichotte«, karikierend, doch mit beißendem gesunden und reichen Witz die Prediger und Predigten jener Tage; das Werk machte gleich bei seinem Erscheinen außerordentliches Aufsehen, erweckte aber auch unter der Geistlichkeit so große Entrüstung, daß es von der Inquisition verboten wurde. Als 1767 die Jesuiten aus Spanien vertrieben wurden, begab sich I. nach Bologna und konnte erst von hier aus den Druck des 2. Bandes seines Romans unter dem falschen Druckort Campazas (1770) erwirken. »Fray Gerundio« (später durch einen 3. Teil vermehrt) wurde eins der beliebtesten Bücher der neuern spanischen Literatur und häufig gedruckt (Madr. 1804, 3 Bde.; das. 1813, 4 Bde.; am besten Leipz. 1885, 2 Bde., von E. Lindforß, nach der Originalhandschrift zum erstenmal ganz vollständig) und in mehrere europäische Sprachen übersetzt (engl. von [47] Baretti, Lond. 1771; deutsch von Bertuch, Leipz. 1773 u. 1777). Der Roman erreichte gleich dem »Don Quichotte« seinen Zweck, indem er die schlechten Kanzelredner in Mißkredit brachte, und wie jener ward »Fray Gerundio« sprichwörtlich. Nach Islas Tod erschienen noch seine spanische Übersetzung des »Gil Blas« (Madr. 1787, 4 Bde., u. ö.; Barcel. 1876), »Cartas familiares« (Madr. 1786–89; 2. Aufl. 1790, 6 Bde.; Barcel. 1878), die zu den besten Mustern des spanischen Briefstils gehören, und »Sermones« (Madr. 1796, 6 Bde.). Sein literarischer Nachlaß, teils satirische, teils asketische Schriften, erschien u. d. T.: »Rebusco de obras literarias, asien prosa comoen verso« (Madr. 1797, 2 Bde.). Mehreres unter seinem Namen Gedruckte ist nicht echt. Eine gute Ausgabe seiner »Obras escogidas«, von P. Felipe Monlau besorgt, erschien als 15. Band der »Biblioteca de autores españoles« (Madr. 1850). Vgl. B. Gaudeau, Les prêcheurs burlesques en Espagne an XVIII. siècle. Étude sur le P. Isla (Par. 1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 47-48.
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