Johannisfest

[286] Johannisfest (Johannistag, Johannisnacht), das von der abendländischen Kirche früh dem Weihnachtsfest gegenübergestellte Geburtsfest Johannis des Täufers (24. Juni), kirchlich jetzt meist am nächstliegenden Sonntag gefeiert; in der morgenländischen Kirche das Fest Johannis Enthauptung (s. d.). Da das J. um die Zeit der Sommersonnenwende fällt, wo in vorchristlicher Zeit im Norden das Fest der Sonnenhöhe gefeiert wurde, so heißt das J. noch jetzt häufig Sonnenwendfest oder Mittsommerfest (engl. Midsummerday, schwed. Midsommarsdag), und viele daran haftende Gebräuche stammen aus heidnischer Zeit. So namentlich das Johannnisbad, die Blumenopfer an die Flüsse und die Johannisfeuer, die noch heute in vielen Gegenden am Vorabend angezündet werden und früher oft unter Teilnahme der Obrigkeit und Fürsten auf Markt- und Spielplätzen üblich waren. Man tanzte singend um sie herum, sprang durchs Feuer, die jungen Brautpaare zusammen, um sich von allen bösen, kranken Stoffen zu reinigen, und warf nicht nur Blumen und Kräuter in die Flammen, damit gleich ihnen alles Unglück in Rauch ausgehe, sondern auch Pferdeköpfe, Knochen und selbst lebende Tiere, die einst als Opfergaben gedient haben. In Skandinavien wird die ganze helle Nacht von dem jungen Volke durchjubelt. Die hier und da herrschende Sitte, am J. die Gräber mit Blumen zu schmücken, ist wahrscheinlich von den Johanniskirchhöfen ausgegangen, auf denen an diesem Tag ihr Kirchweihfest gefeiert wurde. Dagegen sind die zahlreichen Mittel, am J. die Zukunft zu erforschen, Überbleibsel aus heidnischer Zeit, wo der Johannistag als sogen. Lostag galt. Vgl. die Literatur unter Art. »Sonnenfestfeuer«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 286.
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