Kahn, Gustave

[429] Kahn, Gustave, franz. Dichter und Romanschriftsteller, geb. 1859 in Paris, besuchte daselbst das Lyzeum, gelangte aber, da ihn nur seine dichterischen Versuche beschäftigten, nicht zum Bakkalaureat und mußte daher von 1880–85 in Tunis Militärdienst tun. Nach Paris zurückgekehrt, setzte er im Bunde mit P. Adam, J. Laforgue und Moréas der Schule der Décadents die der Symbolistes entgegen, indem er den wegen seiner Unverständlichkeit mißachteten Parnassier Mallarmé als Muster auf den Schild hob. Der von ihm gegründete »Symboliste« brachte es zwar 1885 nur auf vier Nummern, aber »La Vogue« hielt sich bis 1889. Sein Symbolismus war vor allem eine Opposition gegen den damals herrschenden Naturalismus. Zugleich war K. aber auch der erste Dichter, der den reimlosen oder bloß assonierenden freien Vers konsequent anwandte. In den Gedichten »Les palais nomades« (1887) ahmte er noch zu absichtlich die Unklarheit Mallarmés nach, aber »Chansons d'amant« (1891) und »Domaine de fée« (1895) zeigten natürliches Gefühl in zartestem Ausdruck. Die drei Werke erschienen 1898 vereinigt als »Premiers poèmes« mit einer Vorrede über den vers libre. Kahns erstes Prosawerk: »Le roi fou« (1896), war eine wenig glückliche Phantasie über die Geschichte Ludwigs II. von Bayern. Voll romantischer Poesie war dagegen der böhmische Seiltänzerroman »Le cirque solaire« (1899). Vornehmlich ironisch gehalten war »L'adultère sentimental« (1902), ein Sittenroman aus der Beamtenwelt. Als Theoretiker und Kritiker lieferte K. in dem gehaltreichen Buche »Symbolistes et décadents« (1902) einen der wichtigsten Bausteine zur Geschichte der neuern französischen Dichtkunst.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 429.
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